Gruft-Streit beigelegt

Franz Josef Strauß darf weiterhin in Frieden ruhen, die Familiengruft ist aus der Pfändungsmasse herausgenommen. Jetzt gerät Stoiber in Misskredit

aus MünchenJÖRG SCHALLENBERG

Das Gute zuerst: Franz Josef Strauß darf in Frieden ruhen. Helles Entsetzen hatte im Freistaat Bayern vor wenigen Tagen die Nachricht ausgelöst, die Familiengruft der Familie Strauß im Örtchen Rott am Inn sei gepfändet worden. Denn darin ruhen auch die Gebeine des einstigen bayerischen Ministerpräsidenten. Sein Nachfolger Edmund Stoiber ärgerte sich über das Vorgehen des Münchner Zentralfinanzamtes – er nannte es „pietätlos“. Die Behörde hatte es auf das Vermögen von Strauß-Sohn Max abgesehen, der zur Zeit wegen Steuerhinterziehung in Augsburg vor Gericht steht.

Allerdings wäre die Zwangsversteigerung einer Grabstätte an interessierte Käufer wegen Störung der Totenruhe ohnehin rechtlich kaum durchsetzbar gewesen, und so einigten sich der Strauß-Anwalt Werner Wenzel und das Münchner Finanzamt mittlerweile darauf, die Familiengruft aus der Pfändungsmasse herauszunehmen. Doch damit ist die Sache nicht aus der Welt.

Denn inzwischen gestand eine Sprecherin der bayerischen Staatskanzlei ein, dass der scheinbar so überraschte wie empörte Edmund Stoiber lange vor den Zeitungsberichten von dem Pfändungsbeschluss wusste – und weder etwas unternahm noch an die Öffentlichkeit ging. Diese Haltung hat innerhalb der CSU für ein mittleres Erdbeben gesorgt. Denn die geballte Wut diverser Parteigrößen und -mitglieder, die sich in ersten Reaktionen gegen die Finanzbeamten richtete, findet nun ein neues Ziel: Edmund Stoiber.

Wie, fragen sich CSUler wie diverse CSU-nahe Zeitungskommentatoren in ganz Bayern, konnte es der Stoiber Edmund nur zulassen, dass man Strauß, der in weiten Teilen der CSU nach wie vor fast wie ein Heiliger verehrt wird, sein Grab unter dem Hintern wegklauen wollte? Warum schwieg Stoiber und tat überrascht, als die Posse ans Tageslicht kam? Deutlich wurde der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler – den Strauß ins Kabinett holte und der später von Stoiber abgesägt wurde: „Was mich fassungslos macht: Dass Politiker – allen voran Edmund Stoiber –, die ihre politische Existenz Franz Josef Strauß verdanken und die seine Ausführungen früher kniend angehört haben, sich so verhalten haben.“

In der Tat könnte der Eklat um die Gruft Stoiber innerhalb seiner eigenen Partei einen nicht zu unterschätzenden Imageschaden bereiten. Schon lange werfen ihm Kritiker vor, dass er, der als rechte Hand von „FJS“ die Karriereleiter emporkletterte, sich später als Saubermann präsentierte, der mit den Amigo-Machenschaften der Strauß-Ära angeblich nie etwas zu tun hatte. Diese fragwürdige Distanzierung vom Übervater Strauß, den nicht nur Peter Gauweiler ehrfürchtig als „Vater des modernen Bayern“ beschreibt, hat man Edmund Stoiber schon lange verübelt. Seine Gleichgültigkeit in Sachen Familiengrab gilt nun als Beweis für diese Haltung.

Aus der bayerischen Staatskanzlei wird nun die These gestreut, Stoiber habe sich nicht in das laufende Strauß-Verfahren einmischen wollen. Das glaubt allerdings kaum jemand.