Ein neuer Arbeitsplatz

Heute entscheidet sich das Schicksal von Florian Gerster. Viel Hoffnung gibt es für ihn nicht

AUS BERLIN BARBARA DRIBBUSCH
UND ULRIKE HERRMANN

Es muss ein eigenartiges Gefühl sein, der Jagd auf die eigene Person zuzuschauen und den Moment abzuwarten, wenn es zum Abschuss kommt. Florian Gerster, Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), kennt dieses Gefühl inzwischen gut. Seit Tagen trudeln immerzu Medienberichte ein, er würde wahrscheinlich entlassen. Gestern sagte er bereits alle Termine ab. Heute hat das Warten ein Ende: Um 12.30 Uhr tritt der BA-Verwaltungsrat in Nürnberg zusammen, um über Gersters Zukunft zu entscheiden.

Dann legt die Innenrevision ihren Prüfbericht vor. Sie hat 48 Beraterverträge kontrolliert, die ein Volumen von 200.000 Euro überstiegen. Angeblich sind drei dieser Verträge entweder klar rechtswidrig oder zumindest am Rande der Legalität; insgesamt soll es sich um ungefähr 1,5 Millionen Euro handeln. Allerdings ist bisher unklar, ob Gerster von der Auftragsvergabe wusste – oder ob die Fachabteilungen allein entschieden haben.

Es steht der Vorwurf der Korruption im Raum – dabei hat sich Gerster durchaus bemüht, die Korruption innerhalb der BA zu bekämpfen. So hat er den Kontakt mit „Transparency International“ (TI) gesucht; gemeinsam wurden „Antikorruptionsrichtlinien“ ausgearbeitet, wie die deutsche TI-Vorsitzende Anke Martiny der taz berichtete. TI-Mitarbeiter waren auch in der BA in Nürnberg, um gemeinsam mit dem Vorstand über die Umsetzung der Antikorruptionsrichtlinien zu beraten.

Allerdings ist die Glaubwürdigkeit Gersters angeschlagen, seitdem im November bekannt wurde, dass er im Februar einen Vertrag mit der Beraterfirma WMP in Höhe von 1,3 Millionen Euro geschlossen hatte, ohne ihn vorher auszuschreiben. Zudem war im Vertrag nur vage festgehalten, dass WMP eine „Kommunikationsstrategie“ für die BA erarbeiten sollte. Nur mühsam konnte Gerster dazu gebracht werden, diese Eigenmächtigkeit als „Fehler“ einzustufen. Zur Belohnung beschloss der BA-Verwaltungsrat, ihm nochmals eine Chance zu geben, und machte gleichzeitig klar, es würde die letzte sein.

Ob nun diese Chance verwirkt ist – darüber schwiegen sich die 21 Mitglieder im Verwaltungsrat bisher beharrlich aus, die zu je einem Drittel von den Gewerkschaften, den Arbeitgebern und den diversen Verwaltungen entsandt werden. Nur der sehr redselige bayerische Arbeitsstaatssekretär Jürgen Heike (CSU) streute weiter die Andeutung, Gerster sei wohl kaum zu halten. Auch Wirtschaftsminister Clement und Kanzler Schröder ließen sich vorab nichts entlocken. Stereotyp wiederholten sie, dass sie den Bericht der Innenrevision abwarten wollten.

Allerdings – als sei er von der Regierung vorgeschoben – äußerte sich der Clemens-Intimimus Harald Schartau. Der nordrhein-westfälische Sozialminister sprach sich dafür aus, Gerster abzulösen. Er genieße in der BA und in der Öffentlichkeit nicht mehr das Vertrauen, um den schwierigen Umbauprozess der BA weiter gestalten zu können.