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heute in bremen„Ein Weltgewissen ist problematisch“

Ob Religionen ein Ärgernis sind diskutieren zwei Theologen und ein Politikwissenschaftler

taz: Herr Abdel-Samad, warum sind Religionen ein Ärgernis?

Hamed Abdel-Samad, Politikwissenschaftler, München: Ich würde sie nicht grundsätzlich als Ärgernis bezeichnen. Ich setze mich ja nicht als der Buhmann aufs Podium, der alle Religionen ablehnt. Soziologisch betrachtet erfüllen sie wichtige Funktionen.

Aber die Diskussionsfrage lautet doch: Sind Religionen Ärgernis oder Weltgewissen. Und Ihre Gesprächspartner sind christliche Theologen …

Ich denke, dass Religionen ambivalent sind und zum Ärgernis werden können. Und gerade den Begriff eines Weltgewissens halte ich da für problematisch.

Warum?

Weil, anders als Theologen das gerne sähen, Gewissen nichts inhärentes, angeborenes ist, sondern gesellschaftlich bestimmt und antrainiert wird. In vielen Sprachen existiert nicht einmal das Wort, gerade in asiatischen Kulturen ist das Wohlergehen des Kollektivs viel wichtiger, als mit sich und seinem Gewissen ins reine zu kommen. Die ethischen Anforderungen an uns in ein Weltgewissen zu packen – das ist ein minimalistisches Konzept. Das bringt uns nicht weiter.

Inwiefern?

Weil nicht die Gemeinsamkeiten und das Verbindende der Religionen, sondern ihre Unterschiede das Problem sind.

Sie haben zur Radikalisierung von Muslimen geforscht. Sind Ihre Erkenntnisse auf andere Religionen übertragbar?

Ja, wenn ich hier über Religionen spreche, meine ich nicht speziell den Islam, sondern bewusst alle geoffenbarten monotheistischen Religionen. Die sind alle ambivalent: Sie haben stets Elemente wie Solidarität und Nächstenliebe. Aber eben auch den Zug zum Fundamentalismus, wenn man den Offenbarungen zu viel Autorität in der Interpretation von Leben und Politik einräumt. Das erhöht die Bedeutung des Korans oder der Bibel: Wer sich auf eine geoffenbarte Schrift stützt, um das Weltgewissen zu begründen, verfährt ja nicht anders, als Fundamentalisten, die sagen, ich muss für meine Religion kämpfen. Er beruft sich nur auf andere Stellen aus dem Buch. FRAGEN: BES

Weltgewissen oder Ärgernis? – Über die Macht der Religionen, 20 Uhr, Obere Rathaushalle.

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