von der verfertigung einer regierungserklärung
: Teil 1: Wie der Kanzler seine Rede vom kommenden Freitag auf mehrere Tage verteilt

Investitionsprogrammutopismus – wer macht mit?

Heute lässt der Kanzler das Kabinett ausfallen. Das ist ungewöhnlich. Denn der Mittwochvormittag ist in den Terminkalendern der Minister fest „geblockt“. Nun sind sie verblüfft über die Absage des Kanzlers. Eine gängige Erklärung: Schröder arbeitet an seiner Erklärung. Die hält er zwar erst am Freitag im Bundestag, doch eine solche Erklärung braucht einen Klärungsprozess.

Denn noch ist der Inhalt der Erklärung ungeklärt. Zwar hat Schröder „Opfer“ angekündigt, die Botschaft soll also nicht moderat sein, entsteht aber trotzdem durch Moderation. Vorgestern sprach der Kanzler mit den SPD-Spitzen, gestern mit seiner Fraktion – und den grünen Abgeordneten. Um das kreative Potenzial optimal zu nutzen, werden eingefahrene Wahrnehmungsmuster desorientiert. Das fördert bekanntlich die interaktive Problemlösungskompetenz. Daher verbreitet die SPD zu jeder Idee auch ihr Gegenteil.

So war zu hören, dass Schröder ein Investitionsprogramm von 7,5 oder, so die vorläufig letzte Nachricht, 15 Milliarden Euro auflegen wolle, um die Konjunktur anzuregen. Doch erst, wenn die Antithese der These folgt, besteht Hoffnung auf Synthese. Also dementierte SPD-Generalsekretär Olaf Scholz zunächst, ein milliardenschweres Investitionsprogramm sei „Utopie“. Das Finanzministerium war dann für den Kompromiss zuständig: „Sowohl Volumen als auch Einzelinstrumente sind zurzeit noch in der Prüfung.“ Damit nähert man sich eindeutig dem Ereignis von Freitag: Prüfung und Erklärung enden beide auf „ung“.

Ähnlich ging es bei der Arbeitsmarktpolitik zu. Zumindest SPD-Fraktionschef Franz Müntefering hat den Eindruck, dass die SPD diskutiert, ob man die maximale Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes von derzeit 32 Monate kürzen sollte. Doch schon widersprachen seine Sozialexperten: Sie konnten sich nicht vorstellen, dass der Kanzler dieses Thema in seiner Regierungserklärung auch nur erwähnt. Jedenfalls hat er gestern in der Fraktionssitzung dazu geschwiegen. Hieß es zumindest.

Einig sind sich hingegen alle, dass das Stichwort Gesundheitspolitik in der Rede vorkommen wird. Aber wie? Das wusste Müntefering gestern in der Negation: „Ich gehe davon aus, dass es eine Deckelung des Arbeitgeber-Anteils nicht gibt.“ Ebenso sei nicht geplant, Zahnersatz aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen zu streichen. Ob auf diese Antithese noch eine These folgt? Fortsetzung morgen.

KOCH/UH