GEFANGENENTAUSCH ZWISCHEN ISRAEL UND HISBULLAH BIRGT GEFAHREN
: Widersprüchliche Botschaften

Es lohnt sich, Israelis zu kidnappen – dies ist die eine Botschaft der israelischen Regierung, wenn sie einen unproportional hohen Preis für die Auslieferung dreier toter Soldaten und eines Geschäftsmanns zahlt. Vor allem die Sorge um das Schicksal des schwer misshandelten Jochanan Tennenbaum trieb Premierminister Ariel Scharon an, das Kabinett für den Handel zu gewinnen. Doch die Regierung sendet eine zweite Botschaft: Israelis, vor allem Israelis in Uniform, werden nicht dem Feind überlassen. Die jungen Soldaten sollen das Vertrauen haben, dass Vater Staat sie nicht im Stich lässt, auch dann nicht, wenn sie nur noch tot geborgen werden können.

Kritisch wird es für die Minister noch einmal, wenn in zwei bis drei Monaten Informationsmaterial über den vermissten Navigator Ron Arad gegen den libanesischen Häftling Samir Kuntar gehandelt werden soll. Dem Helden Arad steht ein Mann gegenüber, der ohne Skrupel eine israelische Familie überfiel, Vater und Tochter entführte und beide dann kaltblütig erschoss. Hier beißen sich zwei Grundprinzipien des israelischen Staates: „Wir bringen unsere Söhne nach Hause“ und: „Wir entlassen niemanden mit Blut an den Händen“. Delegierte mit einem Interesse an der Entlassung Kuntars sollten alles daransetzen, die Israelis davon zu überzeugen, dass sich der Handel für sie auch lohnt.

So einfach, wie das auf den ersten Blick erscheinen mag, ist es aber nicht. Auch wenn die lange Liste palästinensischer, syrischer und sogar eines deutschen Gefangenen auf den ersten Blick sehr beeindruckend ist: Über die Entlassung des offenbar etwas verwirrten Steven Smyrek, der wohl kaum noch eine Gefahr für Israel darstellt, muss man nicht lange nachdenken. Und die 400 auf der Liste befindlichen Palästinenser wären auch ohne Handel mit der Hisbullah bei einer der kommenden Amnestien entlassen worden.

Der Libanese Kuntar ist von anderem Kaliber. Man kann nur hoffen, dass die Hisbullah seine Entlassung nicht mit neuen Geiseln zu erzwingen versucht. SUSANNE KNAUL