Türkei stimmt neuen Zypern-Gesprächen zu

Regierungschef Tayyip Erdogan verlangt von der UN einen anderen Vermittler. Griechenland reagiert skeptisch

ISTANBUL taz ■ „Der Generalsekretär hat zugesagt, unsere Vorschläge zu überdenken.“ Mit dieser Botschaft trat der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan am Samstagabend vor die Presse, nachdem er am Rande der Weltwirtschaftskonferenz in Davos eine Stunde mit UN-Generalsekretär Kofi Annan gesprochen hatte. Erdogan bat Annan in diesem Gespräch wie angekündigt, einen neuen Anlauf für türkisch-griechische Gespräche auf Zypern zu organisieren. Die UNO möge die Moderation der Verhandlungen wieder übernehmen, allerdings hätte die Türkei gern einen anderen UN-Unterhändler als den Sonderbeauftragten Alvaro de Soto.

Der peruanische Diplomat gilt in Ankara als progriechisch und wird insbesondere vom zyperntürkischen Chefunterhändler Rauf Denktasch abgelehnt. Dem Treffen in Davos vorausgegangen war in Ankara eine Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats, an der auch die türkischen Militärs zähneknirschend einer Wiederaufnahme der Gespräche auf Basis des Annan-Plans zugestimmt hatten, allerdings „unter Berücksichtigung der derzeitigen Realitäten auf Zypern“. Damit spielten die Militärs auf eine von ihnen favorisierte Zweistaatenlösung an. Annans Plan sieht dagegen die Gründung eines gemeinsamen Bundesstaats für Inselgriechen und -türken vor.

Das griechische Außenministerium hat den türkischen Wunsch nach neuen Gesprächen deshalb als reine Taktik bezeichnet. Die Türkei wolle nur den Schwarzen Peter loswerden, den sich Denktasch durch den Abbruch der Gespräche im März letzten Jahres eingehandelt hatte. Erdogan hat deshalb bereits betont, die türkische Seite werde dieses Mal nicht als Erste vom Tisch aufstehen. In Athen geht man nicht davon aus, dass eine Lösung bis zum 1. Mai, dem EU-Beitrittstermin Zyperns, möglich ist. In diesem Fall würde zunächst nur der Süden Mitglied werden. Auch dort reagiert man skeptisch auf das Versprechen einer rasche Konfliktbereinigung. In Nordzypern gewann die neue Regierung unter Mehmet Ali Talat, der ebenfalls eine Verhandlungslösung will, am Samstag ihre Vertrauensabstimmung. Auch Teile der Opposition stimmten für den Politiker der linken „Türkisch-Republikanischen Partei“.

Erdogan wird heute nach Washington fliegen und dort mit Präsident George W. Bush auch über eine Zypernlösung reden. Dem Vernehmen nach könnte Kofi Annan zu diesem Zeitpunkt die Wiederaufnahme der Zypern-Gespräche bekannt geben.

JÜRGEN GOTTSCHLICH/KLH