Pride und pleite

In der Hamburger Homo-Szene geht der Pleitegeier um. „Big spender“ droht das Aus, Christopher Street Day und Europride 2004 aber gelten als gesichert

Welchen Sinn macht ein big spender ohne Geld? Über diese Frage denken derzeit Vorstand und Mitglieder von „big spender“, dem in Hamburg ansässigen größten deutschen „Fundraiser“-Verein zur finanziellen Unterstützung von Aids-Projekten nach. Aufgrund einer akuten Finanzkrise befassten sich die Mitglieder des Vereins in der vergangenen Woche sogar mit der Selbstauflösung des vor zehn Jahren gegründeten Hilfsprojekts. Sponsorengelder blieben aus, Außenstände und vergebene Darlehen konnten nicht eingetrieben werden. Die mit dem Verein eng verbundene „big spender GmbH“ wurde bereits im Februar in die Insolvenz geschickt.

Die Entscheidung über den weiteren Fortbestand von „big spender“ wurde von den Mitgliedern erst einmal vertagt; der amtierende Vorstand aufgefordert, bis zum Sommer einen umfassenden Finanzüberblick zu erstellen. Denn bislang existiert noch nicht einmal eine Abrechnung über Kosten und Erlöse des letztjährigen Christopher Street Day (CSD) -Straßenfestes.

Auch vor anderen Organisationen der schwul-lesbischen Community macht der Pleitegeier nicht halt. Bereits im Januar musste der Verein „CSD Hamburg e. V.“ – bis dato CSD-Ausrichter – Insolvenz anmelden. Die Folge: Die zentrale europäische Homo-Parade „Europride“, die 2004 in Hamburg stattfinden und von dem pleite gegangenen Verein organisiert werden sollte, steht seitdem auf der Kippe. Zuerst konkurrierten zwei Nachfolgeorganisationen des CSD-Vereins erbittert um die Ausrichtung von Europride und CSD 2003, dann überzogen die Behörden den CSD mit einem Strauß von Auflagen, deren Erfüllung vor allem für nichtkommerzielle Veranstalter zu teuer werden könnte. Zudem fehlen noch Sponsoren, und der Lärmpegel der Parade soll so drastisch gesenkt werden, dass sie zur Flüster-Fete verkommt.

Trotzdem glaubt Oliver Stein, Sprecher des neuen Veranstaltungsträgers „Hamburg Pride“: „Das Straßenfest ist gesichert.“ Das gilt nach Steins Einschätzung auch für den Europride 2004, für den bislang noch kein ausgearbeitetes Konzept vorlag. „Wir sind gerade fertig geworden“, gibt Stein Entwarnung. Schwerpunkt der europäischen Zentralveranstaltung der Community soll die Situation der Schwulen und Lesben in Osteuropa sein. MARCO CARINI