Regen statt Sonnenschein

Seit gestern hat der Bundesligist 1860 München mit Falko Götz einen neuen Trainer. Die Ära des entlassenen Österreichers Peter Pacult wird als selten blass in die Löwen-Geschichte eingehen

aus München THOMAS BECKER

Als Peter Pacult gestern früh seinen Dienst antreten wollte, war er schon arbeitslos. Ein feiner Nieselregen zog über die Trainingsplätze an der Grünwalder Straße, selbst die chronisch gut gelaunte Radiofrau klagte: „Stündlich wird’s kälter.“ Pacult kennt sich aus mit dem Wetter. Seine Erklärung für das 0:6 bei Hertha BSC Berlin am Samstag: „Es gibt Regen, aber dann kommt auch wieder Sonnenschein.“ Nun braucht er nichts mehr zu erklären: Er ist entlassen. Sein Nachfolger heißt Falko Götz.

Obwohl tags zuvor die gesamte Führung den Trainer noch gestützt hatte, habe man zehn Stunden beraten, erzählt Präsident Karl-Heinz Wildmoser. Danach wollte er dem Trainer die unschöne Nachricht überbringen, doch Pacult war nicht erreichbar. So traf ihn die Entlassung vor dem Training, das dann schon der Neue leitete. Kurz habe er der Mannschaft „Auf Wiedersehen“ gesagt, hieß es, bevor er verschwand. Ein leises Servus.

Die eineinhalbjährige Ära des Cheftrainers Pacult wird in die Clubhistorie des TSV 1860 München als eine selten blasse eingehen. In der Nachfolge des Rabauken Werner Lorant konnte Pacult eigentlich nur alles besser machen: ein Konzept entwickeln, Taktik schulen statt Geradeauslaufen, den beachtlichen Nachwuchs inspizieren, zu den wenigen übrig gebliebenen Fans, die ihn als Spieler gefeiert hatten, ein Verhältnis entwickeln. Aber bei 1860 sieht es aus wie immer: Der Klub pendelt zwischen Uefa-Cup-Platz und Abstiegszone, hat unter Pacult keinen Stil entwickelt, hat ohne den stillos fast in den Ruhestand verabschiedeten Thomas Häßler niemanden, der die planlose Truppe führen kann, und im Angriff das Glück eines Ausnahmetalents namens Lauth. Aber eine Idee? Eine Philosophie? Nicht wirklich. So erklärt sich, warum Pacult keine Erklärung hatte für die Serie von drei Niederlagen in fünf Spielen (mit Pokal) und 2:16 Toren. Und die Kiebitze beim Training hatten schon einen neuen Zeitvertreib: Wer findet das derbste Schimpfwort für den Österreicher? Pacults Weltbild ist einfach: Es gibt Regen oder Sonnenschein, schwarz oder weiß, voll oder leer. Hinzu kommt, dass Pacult kein Medienmensch ist. Er mag sie nicht, diese ewige Fragerei vor und nach den Spielen. Er hat ja auch nichts zu erzählen, siehe Regen/Sonnenschein. Und wenn er sich überwindet und ins TV-Studio zur Duz-Maschine Rubenbauer geht, dann kommt er dort schlecht weg. Wildmoser: „Ich hab mir ,Blickpunkt Sport‘ angesehen, das war wie gewohnt von Peter.“ Will sagen: uninspiriert, müde, saft-, kraft-, ideenlos.

Jetzt also Falko Götz, Typ Prince Charming, Seriensieger Ende der vergangenen Saison als Aushilfe bei Hertha, dann aber ohne Job geblieben. Vor dem Spiel in Berlin habe man sich getroffen und ein wenig geratscht, berichtet Wildmoser: „Hallihallo, wie geht’s, mehr war nicht.“ Der ist dynamisch, jung, würde gut passen, habe er da gedacht. Dann habe er das Spiel seiner Mannschaft gesehen, sagt Wildmoser, „und da hat das erst recht gepasst.“ Weitere Recherchen ergaben: „sehr, sehr guter Werdegang“, zwar nicht katholisch, aber Sternzeichen Löwe! Ein Telefonanruf genügte und Götz unterschrieb kurz vor Mitternacht einen Vertrag bis 2005.

Der Präsident saß derweil im Zirkus. „Mei, der Shao hat am Samstag so deprimiert im Bus gesessen, da hab ich gedacht, da musst was machen“, sagt Wildmoser, „bin ich mit ihm in den Chinesischen Staatszirkus.“ Und wischt verwunderte Nachfragen gleich vom Tisch: „Das ganze Leben ist doch ein Zirkus.“ Bei 1860 jedenfalls schon.