Nur bis zum Knie amputiert

Die Kürzungen im Kultur-Doppelhaushalt des Landes NRW wurden von den Koalitionsfraktionen kräftig nachgebessert – trotz Widerstands aus den eigenen Reihen. Doch glücklich ist damit niemand

VON PETER ORTMANN

Der Kulturhaushalt des Landes Nordrhein-Westfalen sinkt bis zum Ende der Legislaturperiode um satte 13 Prozent oder 16,4 Millionen Euro. „Es war klar, dass die Kultur nicht ungeschoren davon kommt“, sagt Manfred Böker, kulturpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag. Blankes Entsetzen habe in der Szene geherrscht, als die ersten Zahlen bekannt wurden. „Die Kulturlobby im Plenum ist eben schwach“, verteidigt sich Böker. „Nur fünf Minuten wurde bei der Haushaltssitzung über Kultur geredet“: Auch der grüne Kultursprecher Oliver Keymis klagt über das Desinteresse im Plenum.

Die großen Verlierer im Spiel um die 0,27 Prozent des Landeshaushalts sind die NRW-Kultursekretariate in Wuppertal und Gütersloh – sie verlieren ein Drittel ihrer Mittel – und die Kunstsammlung NRW in Düsseldorf. Die müssen bis 2005 mit 460.000 Euro weniger auskommen. „Sie müssen halt lernen, damit umzugehen“, sagt Kulturminister Michael Vesper (Grüne) bei der Vorstellung der Zahlen in Düsseldorf. Alle anderen Landesinstitute läßt er ungeschoren. „Wenn die Kommunen mit ihren Häusern umgehen würden wie wir, dann wäre mir um die Kultur nicht bange“, behauptet Vesper. Er jedenfalls würde dafür sorgen, dass seine Häuser immer Bedingungen bekämen, unter denen es sich gut arbeiten ließe.

Das werden die beiden Kultursekretariate nicht mehr können. Strukturveränderungen sind angedacht, die bis zur Zusammenlegung reichen. „Die Förderpolitik des Landes ist auf die Großstädte zugeschnittenen“, sagt Meinolf Jansing, Geschäftsführer des Zusammenschlusses von über 60 kleineren, nicht-theatertragenden Gemeinden in NRW. Für ein Überleben in Gütersloh sei der bestehende Förderbetrag zu gering, zum Sterben zu hoch. Bereits in den nächsten Tagen soll die Zukunft der beiden Organisationen mit dem Ministerium besprochen werden. „Manche Kürzungen können heilsam sein“, sagt der Minister und verweist darauf, dass 23 Prozent des Etats an die Kommunen gehen. In Bayern seien es nur 11 Prozent. Ein Wegbrechen von bestehenden Strukturen sei verhindert worden, aber die Kommunen müssten ihren Beitrag leisten.

In 18 Änderungsanträgen wurden von den Regierungsfraktionen auf den ersten Haushaltentwurf im Dezember rund sechs Millionen Euro wieder aufgesattelt. „Das ist ein alter Trick“, sagt Richard Blömer, kulturpolitischer Sprecher der CDU. Änderungsanträge hat die Opposition im Landtag übrigens nicht gestellt. „Wir wurden immer zu spät informiert“, so Blömer. Eine Position, auf die sich die Opposition in der letzten Zeit häufig zurückzieht, sagt Oliver Keymis. Obwohl die doch Regierungsfähigkeit demonstrieren wolle.