„Wer sich nicht blöd anstellt, findet was“

Zwei Tage konnten junge Leute im Kölner Mediapark von einem Leben unter Palmen träumen. Auslandsaufenthalte machen das Leben „einfach toll“, berichten die, die schon einmal mit dem „American Institute For Foreign Study“ (AIFS) verreist sind

VON ANNE HANSEN

Es schneit. Genauer gesagt schneit es, dann regnet es, dann wird es matschig und dann schneit es wieder. Das Ganze bei zwei Grad. „Im Moment möchte wohl jeder weg“, sagt Barbara Mackenthun und freut sich darüber. Bei gutem Wetter wären wohl nicht so viele potentielle Auswanderer heute zur Informationsveranstaltung in den Kölner Mediapark gekommen, meint sie und lacht.

Barbara Mackenthun ist die Pressesprecherin des „American Institute For Foreign Study“ (AIFS) in Deutschland. Die Bonner Organisation hilft Schülern und Studierenden, ins Ausland zu reisen. Zum Angebot gehören High-School-Aufenthalte, für die es auch Stipendien gibt, Stellen als Au Pair, Sprachreisen und seit einem Jahr eine Mischung aus Arbeit und Herumreisen in Australien, die sich „work and travel“ nennt. Eine Partneragentur in Sydney hilft den Teilnehmern bei der Jobsuche in Australien, übersetzt Stellenangebote aus den Zeitungen und bietet schwarze Bretter an.

Eine Garantie, dass jeder einen Job findet, gibt die Organisation allerdings nicht. „Wer sich nicht ganz blöd anstellt, der findet auch was“, meint Anja Chichowitz aus der Marketingabteilung des AIFS. Schließlich müsse man auch mal Eigeninitiative im Leben zeigen und überhaupt – Beschwerden habe es von den rund 400 Teilnehmern bisher noch nicht gegeben.

Eine Garantie – Judith aus Bochum hätte die eigentlich lieber. Nach dem Abitur will die Neunzehnjährige für ein halbes Jahr nach Australien gehen. „Wird wahrscheinlich toll“ , sagt die Schülerin leise. In der Hand hält sie bereits Prospekte, die mit Bildern von gut gelaunten jungen Menschen am Pazifikstrand bedruckt sind. Hinter ihr hängt eine Leinwand, die Fotos von Teilnehmern des Programms zeigt: in Vergnügungsparks und umgeben von Aborigines. Alle haben weiße Zähne und alle sind gut gelaunt.

Noch ist Judith allerdings nicht zum Lachen zumute. Was passiert, wenn sie keine Leute kennen lernt? Was, wenn sie keinen Job findet? Und was, wenn das Wetter schlecht ist? Von der langen Trennung von ihrem Freund, mit dem sie seit anderthalb Jahren zusammen ist, ganz zu schweigen. Trotzdem, sie will es versuchen. Will das Gefühl haben, alleine zurechtzukommen und irgendwann auch auf einer Leinwand zu sehen sein.

Judiths Traumvorstellung wäre, so zurückzukehren wie Kerstin Timm. Die Zwanzigjährige aus Berlin sitzt in einem Raum – „Returnee Lounge“ steht an der Tür – und erzählt von ihren vier Monaten in Australien. Sie zeigt Fotos, gestikuliert wild mit ihren Händen, berührt ab und zu ihre Kette, an der eine Muschel hängt und sagt in jedem zweiten Satz, wie toll sie alles fand. Sie habe mal gekellnert, dann mal wieder auf einer Farm gearbeitet und „eben alles gemacht, was man als Backpacker so macht“. Alles sei „super multi-kulti“ gewesen und sie selbst sei viel gelassener, offener und vor allem spontaner zurückgekommen. „Seit Australien ist mein Lebensmotto „no worries“, sagt sie und zuckt mit den Schultern. „Das Leben ist irgendwie kein Problem mehr.“

Ein Raum weiter sitzen Julia und Alena aus Mönchengladbach. Die beiden haben vor allem ein Problem: Mönchengladbach. Die Schülerinnen finden ihre Heimatstadt „einfach katastrophal“. Jeder kenne jeden und man könne nicht gut weggehen. „Deutschland ist generell nicht so toll“, sagt Julia in ihren hautengen Jeans und den Stiefeln, die bis über die Knie reichen. Alena, die fast genauso aussieht, nickt. Die beiden haben Größeres vor, als eine Lehre in Mönchengladbach und einen Typen mit Opel zu heiraten. Deswegen wollen die beiden nach ihrem Abitur im Jahr 2005 schnell nach Amerika. Die Menschen dort seien lockerer, man könne gut einkaufen, „einfach mal über die Straße gehen“ und am Strand liegen. Aha. Außerdem seien alle Schriftzüge auf Plakaten „immer ganz groß und bunt“.

Angst vor der Reise haben sie nicht. Im Gegenteil, sie werden fließend Englisch sprechen, ein „internationaleres Denken“ bekommen und vor allem Spaß haben, hoffen die beiden. Als Arbeit haben sie sich das „Resort“ ausgesucht. Das sind Einrichtungen, in denen Amerikaner ihren Urlaub verbringen oder auch Konferenzen abgehalten werden. Julia und Alena haben gehört, dass dazu auch Golf- und Yachtclubs gehören. Da möchten sie natürlich am liebsten hin. Und jetzt? „Erst mal zurück nach Gladbach, was?“, fragt Julia. Und Alena nickt, jede Menge Reiseprospekte in der Hand: „Muss wohl.“

Informationen zu den Programmen gibt es unter www.aifs.de