berliner szenen Filmpark Babelsberg

Eislaufen bei Dr. Caligari

„Cool, ey“, schreit ein pickliger Junge mit HipHop-Mütze und fährt mit Karacho auf eine Gruppe von Mädchen zu, die an der Bande der Eisbahn lehnen und mit den Spitzen ihrer Schlittschuhe das Eis aufpicken. Die Mädchen stieben kreischend auseinander, der Junge knallt gegen die Bande, mitten hinein in die Werbung für einen Potsdamer Hausbetreuungsservice. Die Mädchen kichern. Kleine Wölkchen entweichen aus ihren Mündern. Über ihnen hängen große Sterne aus Silberpapier, die in der zugigen Halle leicht zittern.

Die Mädchen fassen sich, eine hinter der anderen, an die Hüften, die Schlange gleitet über das Eis, windet sich vorbei an den Häuserkulissen aus Pappmaché – Kirche, Rathaus, Post, macht einen Bogen vor dem Imbisskiosk, bis sie angegriffen wird von einem Pulk hippliger Jungs, die sich von der Seite auf die Mädchen stürzen. Kreischen, Schreie. Das Knäuel knuddelt sich, ein Gewirr aus Armen, Beinen und Händen, aus dem es „Ey, geil“ schreit. Eines der Mädchen steht nicht mehr auf. Es hält sich das Bein und heult. Ein Junge streckt ihr die Hand entgegen. Das Mädchen lässt sich von ihm hochziehen und zum Ausgang schieben.

Die anderen drehen längst wieder ihre Runden. Eine Blonde mit Pferdeschwanz, der bei jeder heftigen Bewegung wie eine Peitsche um ihren Kopf schwingt, setzt zu einer Pirouette an, als der Junge mit der HipHop-Mütze vor ihr auf die Knie geht und „Ich liebe dich, Klara“ schreit, während er in Richtung Bande rutscht, an der gerade eine Anfängerin um die 40 vorsichtig Schritt vor Schritt setzt. „Ich bring dich um / Den Verstand“ rappt es aus den Lautsprechern. Wie aufs Stichwort verlassen die Läufer die Bahn und stakeln eine halbe Runde um die Eisbahn zum Umkleidebereich. ANNETT GRÖSCHNER