Wie Rot-Grün kurz seine Grundsätze verriet

Der Bremer Senat lehnte den Antrag auf Akteneinsicht im Verfahrensstreit um die Genehmigung weiterer Affenversuche ab – und musste von der FDP an sein Bekenntnis zu mehr Transparenz erinnert werden

Innerhalb von 24 Stunden hat die rot-grüne Koalition in Bremen die Notbremse gezogen: War am Donnerstag der Antrag der FPD-Opposition auf Akteneinsicht im Verfahrensstreit um die Genehmigung weiterer Affenversuche noch abgelehnt worden, so korrigierten Grüne wie SPD am Freitag diese Haltung. Es geht um eine Grundsatzfrage der politischen Kultur, insbesondere die Grünen waren mit dem Bekenntnis zu mehr Transparenz, die sie in zwölf Jahren Opposition stets eingefordert hatten, in die Landesregierung eingezogen.

Wie kann es passieren, dass man solche Grundsätze einfach vergisst? Silvia Schön, die verantwortliche Abgeordnete der Grünen, sagt im Nachhinein, sie sei von der Situation überfahren gewesen. Im Parlamentsausschuss sei ohne Vorwarnung und ohne koalitionäre Vorbesprechung der Antrag der FDP aufgerufen worden, die Verwaltungsakten zum Streit über die Makaken-Versuche an der Bremer Universität einsehen zu können.

Die zuständige Gesundheitsbehörde hatte die Verlängerung der Versuchsgenehmigung mit dem Hinweis darauf abgelehnt, dass „Tierschutz“ den Rang eines Staatszieles im Grundgesetz genießt. Die Universität will noch im November gegen diese Ablehnung Klage einreichen.

Was die Grüne Abgeordnete nicht wusste, als sie der Ablehnung der Akteneinsicht zustimmte: Schon seit Anfang der Woche liegt eine juristische Expertise des Wissenschaftlichen Dienstes der Bremischen Bürgerschaft vor, die dem Abgeordneten der FDP bescheinigt: Er hat das Recht auf Akteneinsicht. Konkret erklärten die Bürgerschafts-Juristen, dass eine Ablehnung nur mit „detaillierter Angabe der Gründe“ möglich sei. Gesundheits-Staatsrats Hermann Schulte-Sasse hatte aber nur „den Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses“ als Grund angeführt. „Es gehört zu einer möglichst effektiven Kontrollbefugnis, dass auch in laufenden Verfahren Akteneinsicht genommen werden kann – andernfalls würde das Kontrollrecht ins Leere laufen“, heißt es in der Expertise. Da die Beendigung der Affenversuche im Koalitionsvertrag als politisches Ziel formuliert sei, seien auch übergeordnete „zwingende Geheimhaltungsgründe (...) weder erkennbar noch denkbar“.

Am Morgen danach kam von den Grünen die Kehrtwende: „Der FDP soll Akteneinsicht zum Genehmigungsverfahren für die Affenversuche gewährt werden“, erklärte der Fraktionsvorsitzende Matthias Güldner. Drei Stunden später meldete die SPD-Fraktion, sie wolle „aufgrund der neuen Sachlage“ das Gesundheitsressort bitten, die Akteneinsicht zu gewähren. KAWE