das verfertigen einer schröder-regierungserklärung
: Teil 2: Vom strategisch sinnvollen Einsatz des Testballons

Es wird gekürzt, es wird nicht gekürzt, es wird gekürzt …

Angenommen, nur mal angenommen, Sie wären Bundeskanzler und dürften morgen eine Rede zur Lage der Nation halten. Die Rede müsste Bahnbrechendes zum Thema Sozialpolitik bringen, den BürgerInnen Mut und Hoffnung einflößen, die Opposition alt aussehen lassen und den Journalisten ein paar richtige News geben.

Im Vorfeld haben Sie schon mal ein paar Testballons losgelassen. Es ist herausgedrungen, dass Sie vielleicht gewisse Kürzungen propagieren werden: Die Arbeitslosenhilfe soll als so genanntes Arbeitslosengeld II auf Sozialhilfeniveau abgesenkt werden. Die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld soll auf 18 Monate beschränkt werden, aber nur für ältere Arbeitslose. Bei der Krankenversicherung wollen Sie auch reformieren, etwa die Unfallversicherung ein bisschen auslagern. Und Sie wollen ein Investitionsprogramm verkünden: viele Milliarden Euro an zinsverbilligten Krediten für die Kommunen.

Zum Glück können Sie all das morgen wieder als haltlose Gerüchte bezeichnen. Sie können jeden Satz noch mal neu formulieren. Oder ganz weglassen. Oder ins Allgemeine ziehen. Schließlich können Sie heute schon den Protest der Gegner ermessen. Die CDU hat bereits gegen die Kürzungen beim Arbeitslosengeld für Ältere und bei der Arbeitslosenhilfe protestiert. Diese Beschränkungen seien „zutiefst ungerecht“, sagte Hermann-Josef Arentz, Chef der CDU-Sozialausschüsse. Der Arbeitgeberverband BDI warnt vor neuen Schulden durch ein Investitionsprogramm. Und die Gewerkschaften sind sowieso gegen Kürzungen.

Ihr Problem ist: Sie müssen trotz allem Handlungsfähigkeit demonstrieren. Gestern früh legte Ihnen jemand diese Forsa-Umfrage auf den Tisch. Darin meinen zwei Drittel der befragten Bundesbürger, Sie wären ohnehin nicht in der Lage, die richtigen Maßnahmen für einen wirtschaftlichen Aufschwung zu ergreifen. Unangenehm. Da hilft es wenig, wenn Leute wie der Grünen-Geschäftsführer Volker Beck erklären: „Die Rede des Kanzlers wird ein Paukenschlag.“ Auch fürsorglicher Zuspruch kann nach hinten losgehen. Etwa wenn Juso-Chef Niels Annen sagt, er halte die Erwartungen an Ihre Regierungserklärung für „unerfüllbar und übertrieben“. Wenn die Rede nicht der große Wurf werde, so Annen tröstend, blieben Sie trotzdem Kanzler. Wie nett gemeint.

In der Hoffnung, das Ganze ein bisschen ins Humorvolle zu biegen, haben Sie auf der Computermesse Cebit auf die Frage eines Journalisten, ab wann es mit Deutschland wieder aufwärts gehe, munter gesagt: „Am Freitag.“ Sie Ironiker, Sie. Dummerweise sind die Themen, um die es geht, ziemlich ernst.

Vielleicht aber haben Sie richtig Glück: Dann müssen Sie abdüsen zum UN-Sicherheitsrat, weil dort die Stimme der Staatschefs zum Thema Irak gefragt ist. Eine bessere Ausrede könnte Ihnen nicht einfallen. Sie haben es ja auch früher immer gesagt: Die deutsche Wirtschaft hängt von der amerikanischen Entwicklung ab. Und sind wir nicht alle nur ein Rädchen im Weltgeschehen? Eben. BD