Kein Geld für den Zwangsdienst

Der Florentiner Anwalt Joachim Lau kämpft für ehemalige italienische Kriegsgefangene. Sie mussten für die Nazis arbeiten, haben aber keinen Anspruch auf Entschädigung

BERLIN taz ■ Noch immer haben die italienischen Militärinternierten keine Entschädigung für ihre Zwangsarbeit während des Zweiten Weltkriegs erhalten. Kurz vor der entscheidenden Gerichtsverhandlung versucht der Florentiner Anwalt Joachim Lau noch einmal die deutsche Öffentlichkeit für das Problem zu sensibilisieren. „Es ist ein Skandal, wie hier eine große Gruppe von der Entschädigungsstiftung einfach ausgegrenzt wird.“

Konkret geht es um etwa 600.000 italienische Soldaten, von denen heute nach Angaben von Lau noch rund 150.000 leben. Nach dem Seitenwechsel Italiens 1943 wurden sie als Kriegsgefangene zum Arbeitseinsatz nach Deutschland verschleppt. Ab August 1944 wurden sie zwangsweise in zivile Arbeitsverhältnisse überführt. Vermeintlich sollte sich so ihre Versorgung verbessern.

Eine Entschädigung erhielten in den 60er-Jahren nur wenige Italiener, die aus rassischen oder ideologischen Gründen verfolgt wurden. Zwangsarbeit allein reichte nicht für einen Anspruch, auch wenn viele Betroffene dauerhafte Schäden davontrugen. Erst im Jahr 2000 übernahm Deutschland Verantwortung für die Ausbeutung von Zwangsarbeitern und richtete die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ ein. Auch etwa 110.000 Italiener stellten darauf Anträge. Doch fast alle wurden abgelehnt. Kriegsgefangene durften zur Arbeit verpflichtet werden, argumentierte das Finanzministerium. Auch die spätere Umwandlung in zivile Zwangs-Arbeitsverhältnisse schaffe keinen Anspruch auf Stiftungsgelder, denn die Umwandlung habe gegen das Völkerrecht verstoßen. Das Ministerium stützte sich auf ein Gutachten des Völkerrechtlers Christian Tomuschat. Anwalt Lau weist die Begründung zurück. „Es ist absurd, dass sich Deutschland auf den eigenen Bruch von Völkerrecht beruft, um damit Zahlungen zu vermeiden.“

Lau klagt derzeit vor dem Berliner Verwaltungsgericht im Namen von 4.200 italienischen Betroffenen. Am 19. Februar wollen die Richter den Fall verhandeln. Doch juristisch stehen die Chancen schlecht. Weil die Stiftungsleistungen freiwillig sind, haben die Italiener vermutlich kein Klagerecht. Ihre Anträge auf Prozesskostenhilfe wurden bereits abgelehnt.

Lau versuchte jetzt, mit Veranstaltungen in Berlin und Hamburg die deutsche Öffentlichkeit zu mobilisieren. Von der italienischen Regierung ist allerdings keine Unterstützung zu erwarten. Sie hat sich auch bei Aushandlung der Stiftung nicht für ihre Staatsbürger eingesetzt, um Deutschland nicht zu verärgern und um den Beitritt der Lira zur Euro-Zone nicht zu gefährden.

CHRISTIAN RATH