21 Brücken in die Zukunft

Zum Jahrestag der Befreiung von Auschwitz gedenken Kölner Schülerinnen und Schüler der Opfer des Nationalsozialismus. In ambitionierten Projekten setzen sie sich mit der Vergangenheit auseinander

VON MIRIAM VOGEL

Eindringlich schildert der ehemalige Wehrmachtssoldat W. Herrmann seine Erlebnisse im 2. Weltkrieg. In der Aula des Gymnasiums Kreuzgasse ist es mucksmäuschenstill, als der Dokumentarfilm „Hitlers Marionetten“ der Schülerinnen Bianca und Julia von der Gesamtschule Bergheim läuft. Sie haben neben der filmischen Collage bekannter Bilder der NS-Zeit auch eigenständig recherchiert und Zeitzeugen in Köln ausfindig gemacht. Aufnahmen der Zellen im ehemaligen Gestapogefängnis Brauweiler führen den Zuschauern die Grausamkeit der NS-Zeit vor Augen.

Das ist eines der vielen unterschiedlichen Projekte von Kölner Schülern, die sich in den letzten Monaten mit dem Nationalsozialismus auseinander gesetzt haben und jetzt ihre Ergebnisse im Gymnasium Kreuzgasse und dem EL-DE-Haus präsentierten. Anlass war der gestrige 7. Jugend- und Schüler-Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, eine in Deutschland einmalige Aktion, an der sich 21 Schulen in Köln und Umgebung unter dem Motto „Erinnern - eine Brücke in die Zukunft“ beteiligt haben. Der 27. Januar ist der bundesweite Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus.

Regierungspräsident Roters, Schirmherr der Veranstaltung, erzählte, in seinem eigenen Geschichtsunterricht habe das Dritte Reich nicht stattgefunden. Umso wichtiger sei es, „heute Zivilcourage und Widerstand zu zeigen, um neuen Bestrebungen von Rechtextremismus den Boden zu entziehen“.

Auf sehr unterschiedliche Weise haben die Schüler den Nationalsozialismus zum Thema gemacht und eigene Erlebnisse verarbeitet. Das Bühnenprogramm im Gymnasium Kreuzgasse umfasste Lesungen, Filme, Musik und Theater. Ein Geschichte-Leistungskurs hatte das ehemalige KZ Auschwitz besucht. „Beieindruckend und bewegend“ nennt ein Zuhörer deren Lesung, eine Kombination aus eigenen Texten und Berichten von Überlebenden. Bei den Schülern im Publikum kamen besonders Filme und Theater gut an. Beim Kurzfilm der Film-AG der Realschule Herkenrath wurde so laut gelacht, dass der Moderator mahnte: „Wir sind hier nicht bei einer Comedy-Veranstaltung“. 12-jährige Schüler der 7a des Kreuzgassen-Gymnasiums spielten eine Szene des Romans „Die Insel in der Vogelstraße“ aus dem Warschauer Ghetto. „Mitmachen ist alles“, sagte ein Mitspieler im Anschluss. Auch für Susanne Kunert vom städtischen Schulverwaltungsamt ist diese Art der Beteiligung wichtig: „Es ist was ganz anderes, sich so in eine Rolle einzufühlen, als den Stoff nur theoretisch zu lesen“. Auch viele Schüler halten den Gedenktag für wichtig. „Es wäre aber gut, wenn mehr Leute davon etwas mitkriegen würden“, sagte ein Teilnehmer.

Weitere Schüler-Projekte sind in einer Sonderausstellung im EL-DE-Haus zu sehen. Die Bertha-von-Suttner-Gesamtschule aus Dormagen stellt Berichte und Photos über einen Besuch im KZ Buchenwald und dem Treffen mit ehemaligen Häftlingen aus. Die Bücherverbrennung in Köln am 17. Mai 1933 ist Gegenstand beim Berufskolleg Ulrepforte: Dort wurden die Namen der betroffenen Autoren in Stein vor die Schule gemeißelt und die Aktion dokumentiert. Plakatwände über die Ermordung von Porzer Politikern und über die „Spuren national-sozialistischer Gewaltherrschaft in Köln“ sind neben der Plastik „Hitlerregime“weitere Projekte, die noch bis zum 15. Februar ausgestellt werden.