Arznei für die Gesunden

Wirtschaftssenator Uldall verspricht dem ohnehin boomenden Hafen weitere 189 Millionen Euro Zuschüsse. Elbvertiefung „im Zeitplan“

„Naturschutz ist wichtig, aber auch der Mensch braucht eine Lebensgrundlage“

von PETER AHRENS

Eine besser bereitete Bühne kann Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) nicht betreten. Der Hafen, den Uldall als seinen Wahlkampfschlager hegt und pflegt, hat im Vorjahr wieder mal Umschlagrekorde am laufenden Band produziert. Da tut sich ein Senator leicht, vor die Presse zu treten und mal eben en passant die Bereitstellung weiterer 189 Millionen Euro Investitionen bekannt zu geben. Das so genannte Sonderausbauprogramm Hafen soll in den kommenden fünf bis sechs Jahren die Mittel für neue Schiffsliegeplätze und Schienenverbindungen im Hafen bereitstellen, verkündete Uldall anlässlich der Jahresbilanz des wirtschaftspolitischen Prunkstücks der Stadt.

Erstmals über 100 Millionen Tonnen Containerumschlag, dem europäischen Klassenprimus Rotterdam wieder ein gehöriges Stückchen näher gerückt, Zuwachsraten im zweistelligen Bereich – wenn irgendwo die Konjunkturkrise Fremdwort ist, dann bei der Containerisierung des Hafens. Um 14,2 Prozent ist der Umschlag der Boxen im Vorjahr nach oben gegangen, das hat alle Prognosen aus den Vorjahren übertroffen. Der Konkurrent Antwerpen kann noch annähernd mithalten, sonst ist Hamburg in dieser Rubrik europaweit unangefochten. „Der Hafen ist und bleibt der wichtigste Beschäftigungsträger dieser Stadt“, erinnert Uldall an die 140.000 Jobs, die sich um den Schiffsverkehr in Hamburg ranken.

Der Wirtschaftssenator ersieht daraus „Handlungsnotwendigkeiten für die Politik“ erwachsen, und es bedarf keiner Phantasie, zu schließen, dass er damit zuvörderst die Elbvertiefung meint, Uldalls Lieblingskind. „Hier wird keine Zeit verschwendet“, stellt der Senator fest, man sei im Zeitplan, 2006 mit dem Baggern beginnen zu können. Wenn da nur nicht die immer noch widerborstigen Niedersachsen wären, die einer Vertiefung in Sorge um die Sicherheit der Deiche noch nicht zugestimmt haben. Er führe „intensive Gespräche auf unterschiedlichsten politischen Ebenen“, um die Nachbarn davon zu überzeugen, dass der Fluss tiefer gelegt werden müsse. Und Uldall wäre nicht er selbst, wenn er nicht „optimistisch“ sei, Niedersachsen noch auf seine Seite zu bekommen. Selbstverständlich darf das ceterum censeo Uldalls bei diesem Thema nicht fehlen: Der Hinweis, dass der Hafen nach VW zweitgrößter Arbeitgeber für niedersächsische Beschäftigte sei.

Keinen Zweifel ließ er daran, dass er die Pläne der Europäischen Union ablehnt, das Elbwasser oder Teile des Hafens als Naturschutzgebiet nach der europäischen FFH-Richtlinie auszuweisen. Hier sei es inzwischen „gelungen, bei der EU ein Problembewusstsein zu schaffen“. Wenn Vertreter der EU am 10. Februar zu Gesprächen nach Hamburg kommen, hat Uldall die Emissäre als erstes zu einer Hafenrundfahrt eingeladen. Und danach, da ist er sicher, würden selbst die Herren in Brüssel einsehen, dass der Hafen kein Forum für den Naturschutz sei. „Naturschutz ist wichtig für Pflanzen und Tiere“, so doziert Uldall, „aber auch der Mensch braucht eine Lebensgrundlage“, und die ist offenbar nicht die Natur, sondern der Container.