„Ich will Klassenbester werden“

Heute werden die Länder-Ergebnisse des Grundschul-Leistungstests „IGLU“ vorgestellt – Bremen soll wieder hinten liegen. Was nun, Herr Bildungssenator Willi Lemke?

taz: IGLU ist die zweite Ohrfeige nach PISA für den Bildungssenator – das ist hart. Oder?

Willi Lemke: Ja, aber auch eine Bestätigung seiner Politik, die er vor mehreren Jahren begonnen hat. Grundschulen müssen gestärkt und mehr kontrolliert werden.

Wie kann es denn sein, dass die bremischen Grundschüler nach 30 Jahren sozialdemokratischer Schulreformpolitik im Bundesvergleich so schlecht abscheiden?

Das ist eine berechtigte Frage. Ich denke, wir haben zu sehr auf Input in die Schulen geachtet und zu wenig auf die Ergebnisse.

Die IGLU-Tests haben 2001 stattgefunden, das war während Ihrer Amtszeit.

1999 bin ich ins Amt gekommen. Inzwischen gibt es Sprachstandstests, Leseclubs, Lese-Intensivkurse, Vergleichsarbeiten, mehr Unterricht, verlässliche Grundschule.

Vor allem sollen volle Halbtagsschulen schlechte Ergebnisse gehabt haben bei dem Test.

Das muss ich korrigieren. Wir haben parallel eine wissenschaftliche Untersuchung über die vollen Halbtagsschulen in Auftrag gegeben. Die hat ergeben, dass die „vollen Halbtagsschulen“ ein wenig besser abschneiden als die verlässlichen Grundschulen in Bremen, aber sie sind nur minimal besser und immer noch am Ende im Bundesvergleich. In Bayern ist die Klassenfrequenz deutlich höher als in Bremen und die Ergebnisse sind deutlich besser. Wenn wir die Migrantenkinder aus der Statistik herausnehmen, gibt es eine leichte Verbesserung, aber nur um 5 Punkte von 500. Das ändert das Gesamtbild also auch nicht wesentlich.

Die Sozialsenatorin will aus Kostengründen Arbeitslose fortbilden, die dann in den Kitas als „Zweitkräfte“ arbeiten sollen, anstatt qualifizierte Kräfte einzustellen, die zum Bildungsauftrag des Kindergartens beitragen können.

Es besteht offensichtlich ein Zusammenhang zwischen Kindergartenbesuch und Grundschul-Leistung. Wir werden uns mit dem Sozialressort zusammensetzen. 57 Prozent der befragten IGLU-Eltern geben an, dass ihr Kind zwei Jahre den Kindergarten besucht hat in den Jahren 1996/7.

Laut Sozialressort waren damals 87 Prozent der bremischen Kinder in einer Kita gemeldet.

Das werden wir aufklären müssen. Aufgabe bleibt, dass wir in den Kitas mehr tun müssen.

War die Untersuchung repräsentativ?

Ja, wir haben das genau überprüft. Ich ärgere mich darüber, dass es Leute gibt, die jetzt nach Ausreden suchen. 2001 war es dramatisch schlecht und furchtbar. Unsere Kinder haben nicht die gleichen Chancen wie Kinder in Bayern oder auch Nordrhein-Westfalen. Ich will Klassenbester werden, und wir sind weit unter dem Durchschnitt.

Fragen: Klaus Wolschner