X-Box-Guerilla

Jörg Thadeusz moderiert „Extra Drei“ im neuen Studio (Do., 23 Uhr, NDR). Ein ironischer Kommentar zu den Debattierbühnen der Republik

VON CLEMENS NIEDENTHAL

Jörg Thadeusz im Inneren einer Microsoft X-Box. Was tut er da? Telespielen. Gerade für den spielerischen Umgang mit dem Medium Fernsehen wird Thadeusz und das von ihm moderierte Satiremagazin „Extra Drei“ wertgeschätzt. Dabei hatte Gründer Dieter Kronzucker 1976 befürchtet, das Magazin werde wegen seiner Satire nicht überleben.

Denkste. Und wie das Format selbst wird man auch jenen zur Fernsehkulisse geronnenen Raumgleiter lieb gewinnen, mit dem sich Satironaut Thadeusz nun immer donnerstags um 23 Uhr ins Norddeutsche Fernsehen beamt. Hinter der runden Raumschleusen-Schiebetür mit dem großen grünen X öffnet sich dann der feuchte Traum jedes Hobbyastronauten. Kann sich vielleicht noch jemand an den „Schlupp vom grünen Stern“ aus der Augsburger Puppenkiste erinnern?

„Extra Drei“ hat ein neues Studiodesign. Ja mehr noch, dem NDR-Format ist gerade ein üppiges Relaunch widerfahren. Mit retrofuturistischen Kugelsesseln zum Beispiel, auf denen als Erster Markus Wolf, ehemaliger Spionagechef der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, Platz nehmen durfte.

Denn genau das soll die neue Studiolandschaft ja darstellen: Eine Geheimdienstzentrale des listigen Guerillajournalismus. Immeranzugträger Jörg Thadeusz als Agent 00Extra3, positioniert hoch oben über den Lichtern der Stadt. Höher noch als Maybrit Illner. Höher als Sabine Christiansen, deren kürzliche Selbstspiegelung als „Tatort“-Komparsin der „Extra Drei“-Redaktion im Übrigen eine Randnotiz wert war.

Überhaupt taugt das neue „Extra Drei“-Studio wunderbar als Metatext zu all den seltsam synthetischen Debattierbühnen unserer Medienmoderne. Als ironischer Kommentar zu einer (überwiegend) öffentlich-rechtlichen Politainment-Architektur. Nur dass hinter den Hamburger Studiofenstern eben nicht Berlins neue Mitte simuliert wird. Und dass in den beiden Kugelsesseln ohnehin nur Platz ist für einen Gast.

Vergangene Woche saß dort beispielsweise Dirk Nockemann, Hamburgs emsiger Aushilfsinnensenator mit der geballten Kompetenz im Anti-Terror-Kampf. Der heutige Gast wiederum kommt ebenfalls von der Elbe. Vielleicht kann Krista Sager, Fraktionsvorsitzende der Bundestags-Grünen, Jörg Thadeusz ja hinreichend erklären, warum die Hansestädter auf einmal Ole von Beust so mögen oder wieso ihre eigene Partei so viel Gefallen an strahlenden Exportgeschäften gefunden hat.

Und was gibt’s sonst noch Neues auf dem Planeten „Extra Drei“? Janine Kunze zum Beispiel, bisher bekannt als die Tochter von „Hausmeister Krause“ (Sat.1) und als Lamborghini-Testfahrerin im Boulevardfernsehen. Beides Orte, die bis dato nicht unbedingt auf der Umlaufbahn von „Extra Drei“ lagen. Kunze wurde Thadeusz als patente Vorzimmerdame Emma D. zur Seite gestellt. Und D. ist eine Figur ganz wie ihr Name, eine Mischung aus Pussy Galore, Miss Moneypenny und Michael Andrack.

Sie ist sozusagen die Perle von Jörg Thadeusz, der wiederum – und das ist vielleicht die allerbeste Nachricht – auch in der neuen Kulisse ganz der Alte geblieben ist. Ein trockener, lakonischer Conférencier des Alltäglich-Grotesken. Zu Hause ganz bei sich selbst. Nicht in der alten „Scheibenwischer“-Schule und schon gar nicht im eitlen Generation-Golf-Entertainment, dem er sein Talent ja auch gerade zur Verfügung stellt: Für einige Monate zumindest wird er Tita von Hardenberg vor der „Polylux“-Kamera vertreten.

Vor der „Extra Drei“-Kamera versammelt sich derweil, so Redaktionsleiter Steffen Przybyl, „all der Unsinn, von dem sich die Woche bis Donnerstag überlegt hat, dass sie ihn anschwemmen will“. Glück für den Unsinn, möchte man da sagen.