Eine deutsche Afrikapolitik

betr.: „Der Schulhof der Friedensstifter“, taz vom 24. 1. 04

Ein großer Teil der jungen Eliten Afrikas wollen nicht länger als Hilfeempfänger am Tropf hängen. Sie wissen, dass sie erst mal selbst die verkrusteten Strukturen ihrer Länder aufbrechen, dass sie mehr Demokratie und mehr Transparenz schaffen müssen. Dafür brauchen sie ein Maximum an politischer Unterstützung. Und deshalb ist es richtig, dass Uschi Eid, Joschka Fischer und Bundeskanzler Schröder von Anfang an – allen Unkenrufen deutscher Afrikawissenschaftler zum Trotz – entschieden auf die Nepad-Initiative von Mbeki, Obansanjo, Wade und anderen gesetzt haben. Auch in der Krisenprävention und in der Durchführung von friedenserhaltenden und friedenserzwingenden Militäroperationen macht es Sinn, zunächst die diesbezüglichen afrikanischen Fähigkeiten auszubilden und zu unterstützen. Deshalb ist das Kofi-Annan-Ausbildungszentrum für Krisenprävention in Accra einer der sinnvollsten deutschen Entwicklungshilfeinvestitionen der letzten Jahre, zumal Deutschland hier mit Frankreich und England an einem Strang zieht.

Es bleibt zu hoffen, dass die Afrikapolitik des Kanzlers auch in der Wirtschafts- und Entwicklungspolitik Folgen zeigt. Wie Schröder richtig festgestellt hat, unterminieren die EU-Agrarsubventionen die Eigenanstrengungen der Afrikaner. Deshalb muss Deutschland jetzt den Mut aufbringen, nicht nur von den USA, Spanien und den Griechen einen Abbau der Baumwollsubventionen einzufordern, sondern selbst die dringend notwendige Reform der Zuckermarktordnung anzugehen und sich mit der deutschen Zuckerlobby anzulegen. Und in der Entwicklungszusammenarbeit muss sich endlich die Erkenntnis durchsetzen, dass die Probleme Afrikas nicht von hunderten deutschen ExpertInnen gelöst werden können, sondern dass wir afrikanische ExpertInnen, afrikanische HochschullehrerInnen, afrikanische KünstlerInnen, afrikanischen NGOs und afrikanische Unternehmer fördern müssen. Die Entwicklungszusammenarbeit muss endlich lernen, das Wort Black Empowerment zu buchstabieren. Wenn die Kanzlerreise in dieser Richtung Impulse auslösen könnte, würde sie über den Tag hinaus wirken.

ROGER PELTZER, Sprecher BAG Nord-Süd B90/Grüne

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