STRAUSS-PROZESS: CSU-GERECHTIGKEIT ALS AUSLAUFMODELL
: Sohn zu sein zählt nichts mehr

Fast könnte man Mitleid haben, fast dauert einen dieser Max Strauß, wie er dasitzt bei Gericht, die Augen nach unten geschlagen, die Hände im Schoß gefaltet, angeklagt der Steuerhinterziehung. Der Sohn des großen Franz Josef am Ende – psychisch und finanziell. Das eine hängt mit dem anderen zusammen.

Doch was sich dieser Tage vor dem Landgericht in Augsburg abspielt, ist nicht nur die persönliche Bankrotterklärung eines Manns, der noch vor Jahren wegen seines Namens in Bayern als unantastbar galt. Es ist auch das Ende eine Systems, das den politisch Mächtigen und ihrer Entourage Schutz und freie Hand gewährte. Vom Fleischfabrikanten bis zum Bäderkönig, wer den Ausweis „Strauß-Freund“ zückte, war in der Vergangenheit auch juristisch meist sakrosankt.

Es kann nicht überraschen, dass das Ende des bayerisch-mafiosen Geflechts nicht in München eingeläutet wurde, sondern in Augsburg, wo die Menschen bis heute von sich behaupten, sie seien gar keine Bayern, sondern Schwaben. Auch der Leitende Oberstaatsanwalt von Augsburg, Reinhardt Nemetz, legt Wert auf die Feststellung, dass er schwäbischer Herkunft sei, was ihn in seinen Handlungen und Entscheidungen offenbar freier macht als seine Kollegen in München. Er war es jedenfalls, der mit der Vorladung von Walther Leisler-Kiep die CDU-Spendenaffäre ins Rollen brachte, der im Schreiber- und nun im Strauß-Verfahren trotz der Gängelungsversuche aus München nicht locker ließ. Und manche verglichen den guten Mann schon etwas sehr weitgehend mit seinen Kollegen aus Mailand, die mit der Hartnäckigkeit der mani pulite, der „sauberen Hände“, das politische System Italiens zum Wanken brachten.

Das Landgericht Augsburg hat also entschieden: Strauß bleibt voll verhandlungsfähig. Sohn zu sein zählt nichts mehr. Allerdings kann die Wahrheit zu sagen einen psychischen Gesundungsprozess einleiten. Dies möchte man ihm, aber auch der Öffentlichkeit wünschen. Damit wäre die Strauß-Ära endlich vorüber – und das Denkmal endgültig gestürzt. PHILIPP MAUSSHARDT