Kinder um jeden Preis?

Buchtipp: „Wie weit gehen wir für ein Kind?“. Zunehmend setzen kinderlose Paareauf die Fortpflanzungsmedizin. Die aber ist kein Allheilmittel und eine große Belastung

Jedem sechsten Paar in Deutschland bleibt der Kinderwunsch vorläufig unerfüllt. Statt sich aber in das Schicksal der Kinderlosigkeit zu fügen, setzen Betroffene zunehmend ihre letzte Hoffnung auf die Fortpflanzungsmedizin. Die Zahl der im Labor gezeugten Kinder geht bereits in die hunderttausende.

Unter dem Titel „Wie weit gehen wir für ein Kind?“ hat Martin Spiewak zusammengefasst, was potenzielle Eltern hier zu Lande im „Labyrinth der Fortpflanzungsmedizin“ erwartet. Spiewak liefert dabei eine auch für Laien verständliche Einführung in Grundlagen und Möglichkeiten, gibt einen umfassenden Überblick über den gegenwärtigen Stand und einen Abriss der historischen Entwicklung. Fachleute kommen ebenso zu Wort wie betroffene Paare. Nüchterne Fakten stehen neben Reportagen über Leidensgeschichten und Erfolgsstorys. Dargestellt wird etwa der Zusammenhang zwischen der Allgegenwart der Pille und dem Boom der In-vitro-Fertilisation: Während viele Frauen heute den Kinderwunsch immer wieder auf später verschieben, sinkt die Wahrscheinlichkeit, spontan schwanger zu werden, mit zunehmendem Alter.

Doch auch die Fortpflanzungsmedizin ist kein Allheilmittel, und „nur wenige medizinische Behandlungen sind so hochemotional und haben gleichzeitig eine so geringe Erfolgsquote wie die künstliche Befruchtung“, schreibt Spiewak. Wer sich für diesen Weg entscheide, werde zudem nur selten auf die enormen physischen und psychischen Belastungen der Behandlung vorbereitet, psychische Begleitung sei in der Regel nicht vorgesehen. Wesentlich für die Beurteilung der ganzen Unternehmung sei – so der Autor – vor allem das Ergebnis. Wird eine Frau nach der ersten Behandlung schwanger, stellen sich die Unannehmlichkeiten im Nachhinein anders dar als nach vielen vergeblichen Versuchen.

Das Buch bietet Betroffenen sicher in jeder Hinsicht eine gute Orientierungshilfe. Spannend zu lesen ist es allemal. K. JABRANE

Martin Spiewak: „Wie weit gehen wir für ein Kind? Im Labyrinth der Fortpflanzungsmedizin“. Eichborn, 2002, 256 S., 22,90 Euro, ISBN 3-8218-3925-2