Ökologische Preise

Zum heutigen Weltverbrauchertag: BUND-Chefin Angelika Zahrnt über gute Verbraucher und den uneinsichtigen Wirtschaftsminister Clement

Interview HANNA GERSMANN

taz: Frau Zahrnt, was hat ein Umweltverband mit dem Weltverbrauchertag zu tun?

Angelika Zahrnt: Von erhöhten Ozonwerten bis zu giftigen Holzschutzmitteln – es gibt Umweltbelastungen, die für jede VerbraucherIn im Alltag ein Risiko bedeuten. Die andere Seite: Jeder kann selbst Schäden vermeiden, etwa indem er so wenig Müll wie möglich produziert.

Gibt es den guten Verbraucher?

Ja. Er ist kein Schnäppchenjäger. Beispielsweise kauft er nicht die billigsten Eier von Hühnern, die in viel zu enge Käfige gezwängt werden. Der gute Verbraucher denkt, bevor er kauft. Er regt sich nicht nur vor dem Fernseher über Tierquälerei auf, sondern mit seiner Kaufentscheidung auch im Laden.

Der Trend ist aber anders: Discounter wie Aldi oder Lidl werden immer beliebter.

Unterm Strich ist verantwortungsbewusster Konsum nicht teurer. Das macht sich etwa bemerkbar, wenn sie einen CD-Player kaufen, den sie nicht nach zwei Jahren zum Sperrmüll geben, nur weil ein Ersatzteil fehlt. Natürlich geht es darum, Arbeitsplätze zu sichern. Dem Handwerker ist es aber egal, ob er Altbau saniert oder ein neues Haus baut. Nur dass für Letzteres viel mehr Material gebraucht und bisher intakte Flächen versiegelt werden. Solange die CDU die Vorschläge der Regierung blockiert, die Eigenheimzulage für Neubauten zu mindern, kommen wir nicht voran.

Wirtschaftsminister Wolfgang Clement schenkt der Bauwirtschaft mehr Gehör als Ihnen. Was erwarten Sie von ihm?

Ehrlich gesagt, nicht viel. Wolfgang Clement steht der Kohlelobby im Ruhrgebiet viel zu nah, um etwa beim dringend gebotenen Abbau umweltschädlicher Subventionen einzulenken. Immer weiter soll die Wirtschaft wachsen – darauf ist alles aufgebaut. Wenn wir aber Rohstoffe weiter ungebremst nutzen, führt das zum ökologischen Kollaps.

Wie wollen Sie umbauen?

Es gibt gute Beispiele, wie umweltfreundlicher produziert werden kann. Die erneuerbaren Energien schafften rund hunderttausend neue Arbeitsplätze. Auch im Ökolandbau gibt es viel zu tun. Nutzen wieder mehr Menschen den öffentlichen Nahverkehr oder Möglichkeiten wie Carsharing, werden auch dafür mehr Leute eingestellt.

Wie wollen Sie das erreichen?

Erstes Gebot der Stunde ist, dass die Preise die ökologische Wahrheit sprechen: Produkte und Dienstleistungen müssen Umweltkosten enthalten. Produkte, die unter sozialen Bedingungen hergestellt wurden, und ökologisch vorteilhafte Dienstleistungen dürfen nicht teurer sein. Dann sind VerbraucherInnen bereit, sich umzuorientieren.

Worüber werden wir uns in zehn Jahren am Weltverbrauchertag Sorgen machen?

Bausparvertrag oder Autokauf – noch beschäftigen wir uns vor allem mit den Rechten der Verbraucher in den Industrieländern. International geht das aber am Grundproblem schon heute vorbei. Wenn alle Menschen lebten wie wir, dann bräuchten wir fünf Planeten. Die Folgen der Umweltkatastrophen, hervorgerufen durch stark überhöhten Ressourcenverbrauch im Norden, haben fast immer die Menschen im Süden zu tragen. Dort geht es zumeist gar nicht um mehr Konsum, sondern schlicht ums Überleben. Um das zu sichern, müssen wir unser Konsumniveau hier deutlich senken.