Wasser ist eine teure Ware

Sonntag beginnt größte Wasserkonferenz aller Zeiten in Japan. Zehntausende Delegierte diskutieren, wie Wasserversorgung gesichert werden kann. Firmen, darunter RWE, wollen Wassermarkt erobern. In Großbritannien Privatisierung aber Flop

von RALF SOTSCHECK

Morgen beginnt in Japan das 3. Weltwasserforum. Mehr als 10.000 Delegierte aus der ganzen Welt werden bis zum 23. März darüber debattieren, wie weltweit die Versorgung mit Trinkwasser gesichert werden kann. Denn bis zum Jahr 2015 – so haben Staats- und Regierungschefs noch einmal auf dem Johannesburger Weltgipfel im September 2002 in Johannesburg bekräftigt – soll die Zahl der Menschen halbiert werden, die keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben.

Wasser ist ein knappes und damit teures Gut, das mittlerweile immer mehr Unternehmen, etwa die französischen Konzerne Suez und Vivendi oder die deutsche RWE entdecken. Für den Verbraucher aber ist es nicht immer von Vorteil, wenn die Wasserversorgung von der Kommune zu privaten Firmen wechselt. Das zeigt das Beispiel Großbritannien, wo man schon lange weiß, dass mit Wasser viel Geld zu verdienen ist.

Schon vor rund zwanzig Jahren wollte Nicholas Ridley, der verstorbene damalige Tory-Umweltminister, die Wasserversorgung privatisieren. Der Guardian bezeichnete ihn daraufhin als „thatcheristisch bis in die nikotingelben Backenzähne“.

Bevor er sein Lieblingsprojekt umsetzen konnte, musste zunächst ein Umweltskandal vertuscht werden, der bis heute nicht aufgeklärt ist. Im Juli 1988 gab es in Camelford im südwestenglischen Cornwall Trinkwasseralarm: 20 Tonnen Aluminiumsulfat waren ins öffentliche Wassersystem eingeleitet worden, 20.000 Menschen waren betroffen. Eine Reihe älterer Menschen starben. Die Tory-Regierung setzte nur widerstrebend eine Untersuchung ein. Um die geplante Privatisierung nicht zu gefährden, war sie nicht öffentlich. Ergebnis: Eine so weit verbreitete Substanz wie Aluminiumsulfat kann keinesfalls negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Weil die Betroffenen keine Ruhe gaben, wurde vor anderthalb Jahren eine neue Untersuchung eingeleitet – wieder nicht öffentlich. Kritische Wissenschaftler wie Doug Cross, der als Biologe für die Weltbank gearbeitet hat, oder Richard Newman und Neil Ward, die damals Gewebeproben der toten Tiere untersuchen wollten, wurden von der Regierung vorsorglich als „Pseudo-Wissenschaftler“ diffamiert.

Die Wasserindustrie wurde 1989 schließlich wie geplant privatisiert, jedenfalls in England und Wales. In Schottland und Nordirland blieb sie staatlich. Die neuen Unternehmen machten in den ersten sieben Jahren Riesenprofite, sie griffen den Verbrauchern ungeniert tiefer in die Taschen – ohne die versprochenen Summen zu investieren. Das ging auf Kosten der Gesundheit: Im Jahr 1990 – ein Jahr nach der Privatisierung – wurden in England und Wales noch 2.756 Ruhr-Fälle gezählt, im Jahr darauf waren es schon 9.935.

Der Anstieg der Krankheitsfälle, die meist durch mangelnde Hygiene ausgelöst werden, hing mit der Praxis der Wasserindustrie zusammen, bei Zahlungsrückständen den Kunden sofort den Hahn abzudrehen. Die Zahl der Haushalte, denen das Wasser abgestellt wurde, hatte sich im selben Zeitraum nämlich ebenfalls verdreifacht: von 7.273 Fällen im Jahr 1990 auf 21.586 Fälle ein Jahr später.

Erst 1999 schritt die staatliche Aufsichtsbehörde ein. Die Unternehmen müssen bis 2005 insgesamt 15 Milliarden Pfund investieren, um die Wasserversorgung zu sichern, Umweltauflagen zu erfüllen und Lecks vorzubeugen. Außerdem dürfen sie bis dahin auch die Preise, die seit der Privatisierung um inflationsbereinigte 40 Prozent gestiegen waren, nicht weiter erhöhen. Jetzt denken einige Unternehmen bereits laut darüber nach, dem Staat das Wasser zurückzureichen.