Ethische NRW-Haushaltsdebatte

Regierung und Opposition werfen sich im Landtag gegenseitig Verantwortungslosigkeit vor. Verabschiedung des Haushalts 2004/2005 gerät zur grundsätzlichen Abrechnung der Kontrahenten

VON MARTIN TEIGELER

Landesregierung und Opposition nutzten die gestrige Etatdebatte im Landtag zu einer ausgedehnten Grundsatzdebatte. Die Verabschiedung des Doppelhaushalts 2004/2005 mit einer Neuverschuldung von insgesamt knapp neun Milliarden geriet über die hitzige Diskussion fast in Vergessenheit. Der Streit im hohen Haus drehte sich weniger um haushälterische Details, als um den exzessiv verwendeten Begriff „Verantwortung“.

CDU-Fraktionschef Jürgen Rüttgers und FDP-Redner Ingo Wolf warfen der Regierung vor, eine Politik auf Kosten künftiger Generationen zu betreiben. Jugendzentren seien durch die Kürzungspolitik gefährdet, Kindergärten von Schließung bedroht. „Dieses Land will einen neuen Aufbruch“, forderte Jürgen Rüttgers. Die CDU sei bereit, „Verantwortung“ zu übernehmen. FDPler Wolf meinte, Rot-Grün hinterlasse den Menschen eine „schwere Hypothek“.

Die Fraktionsvorsitzenden von SPD und Grünen schlugen in ihren offenbar abgesprochenen Redebeiträgen mit der Moralkeule zurück. Edgar Moron und Sylvia Löhrmann warfen Oppositionschef Rüttgers eine „Politik der organisierten Unverantwortlichkeit“ vor. Den Grünen schwebe bei ihrem Regierungshandeln das „ganzheitliche Menschenbild“ vor, sagte Frau Löhrmann. SPD-Ministerpräsident Peer Steinbrück hielt sich ebenfalls an die Sprachregelung der Koalition und unterstellte Rüttgers eine „Flucht aus der Verantwortung“.

Vor dem Landtag demonstrierten nur 50 Regierungskritiker. Am Sonntag soll eine Großdemo folgen, obwohl die Politiker dann im Wochenende sind.