daumenkino
: Laurel Canyon

Schon ihr erster Auftritt ist ein Ausrufungszeichen in Sachen hedonistisches Lebensgefühl. Auf dem Ledersofa lümmelnd, gönnt sich Frances McDormand einen tiefen Zug aus der Wasserpfeife. Wenn sie genüsslich den Rauch ausbläst und sich räkelt, besteht kein Zweifel: Diese Frau ist ein Wesen, das Sex und Drogen, die angenehmsten Ingredienzen der Flower-Power-Bewegung, ins neue Jahrtausend herübergerettet hat. Barfuß, mit Hängerchen ohne BH und in knallengen Jeans – wirkt McDormands Outfit so sexy wie eine natürliche zweite Haut.

Stocksteif kommt hingegen ihr Sohn Sam (Christopher Bale) daher, ein fleißiges Harvard-Studentchen, das in Los Angeles ein Praktikum absolvieren muss. Die Vorstellung, mit seiner Verlobten nun einige Wochen in der coolen Villa seiner Mutter in Hollywood Hills zu verbringen, behagt ihm überhaupt nicht. Wenn die Kamera entlang der Fotos auf dem Bücherregal fährt, ist alles über ihre Beziehung gesagt: Wir sehen einen kleinen, verschüchterten Jungen, der sich von der freakigen Ausgelassenheit seiner Mutter überfordert fühlt.

In „Laurel Canyon“ duellieren sich die Kinder der sexuellen Revolution mit ihrem Nachwuchs. Lisa Cholodenko übersetzt den Generationskonflikt und den Kampf der Lebensentwürfe jedoch nicht in mühselige Streitereien, lieber lässt sie die Körper sprechen. Sams Verlobte Alex (Kate Beckinsale) schwitzt beim Sport, Frances McDormands Filmfigur Jane beim Sex. Alex erscheint im fein gestylten Schlafanzug am Frühstückstisch, Jane im AC/DC-T-Shirt ihres jugendlichen Geliebten. Hier die fröhliche Laszivität mit Partys am Pool, dort die akribisch durchrecherchierte Dissertation über Fruchtfliegen. Ganz natürlich hat das konventionelle Dasein des jungen Paares auch ihre Körper in Beschlag genommen. Wie jeder andere Termin wird die Lust im Kalender eingetragen.

Milde schaut die Sonne Kaliforniens auf das Geschehen, als hätte sie diese Geschichte schon mehr als einmal erlebt. Manchmal schwingt sich die Kamera zu ihr in die Höhe und fängt den Laurel Canyon in der Totalen ein – jene Straße, in der sich Kreativlinge und Freaks aus der Musikszene niedergelassen haben. Ohnehin nicht an tiefenpsychologischen Diskursen interessiert, löst sich der Film in diesen Momenten endgültig von seinem Personal.

Dass sich Gegensätze letztlich anziehen, ist eine Binsenweisheit, der sich auch „Laurel Canyon“ nicht ganz entziehen kann. Tatsächlich erinnern Lisa Cholodenkos Figuren an Platons Kugelmenschen, die auf der Suche nach ihrer anderen Hälfte emsig durch die Gegend rollen.

Eigentlich schade, dass dieser Film den natürlichen Lauf der Ereignisse letztlich doch unterbindet. Ansonsten wäre das Bett von Frances McDormand wohl wegen Überfüllung zusammengekracht. ANKE LEWEKE