herr tietz macht einen weiten einwurf
: Strippende Hauptfeldwebel

Fritz Tietz über die Bundeswehr, Deutschlands größten Sportsponsor – und erfolgreichste Medaillenschmiede

Wie sich doch die Zeiten nicht ändern! Das Beispiel der deutschen Bob-Weltmeisterin Susi Erdmann beweist es. Mit ihrem allseits bekakelten Playboy-Auftritt zeigt sie einmal mehr, dass ein paar halbscharfe Nacktfotos nach wie vor die zuverlässigsten Vehikel sind, um ins Gerede zu kommen – und damit ganz flott auch ins Fernsehen, und sei es bloß ins bayerische. In dessen Sportsendung konnte man neulich jene, mir bislang nur namentlich bekannte Wintersportlerin locker glockend hocken sehen und miterleben, wie sie vom TV-Titan des Schmierantentums, der Waldemar Hartmann zweifellos ist, nach allen Regeln der Altherrenart geduzt und begockelt wurde. So weit, so Ekel erregend. Dass ich dennoch auf Sendung blieb, ward einem kleinen, gelben Werbebanner geschuldet, der auf der Jacke der Bob-Pilotin prangte, gerade groß genug, um seine Botschaft selbst in der Totalen vom heimischen Sofa aus lesen zu können. „Bundeswehr“ stand darauf.

Derart offensive Bekenntnisse zur Truppe hatte ich zumindest bislang an keinem deutschen Athleten blitzen sehen. Allerdings war mir immer klar gewesen, dass viele unserer Sportler im Hauptberuf Soldaten sind. So gehören zum Beispiel nahezu sämtliche deutschen Spitzenkräfte, die derzeit wieder an allen wintersportlichen Fronten herumstaksen, schlittern, springen oder schießen, einer der 25 Sportfördergruppen der Bundeswehr an; oder wie diese Wehrsportgruppen militärisch doof abgekürzt werden: SportFGrpBw. Seit Anfang der 70er-Jahre läuft das so. Damals erging vom Bundestag die Order an die Bundesregierung, „zur Förderung bundeswehrangehöriger Spitzensportler bei der Bundeswehr Fördergruppen einzurichten“. Die Militarisierung des derzeit mit jährlich 25 Millionen Rüstungs-Euro gesponserten Höchstleistungssports sollte „die Repräsentanz Deutschlands bei internationalen Wettkämpfen gewährleisten sowie den deutschen Spitzensportlern gleiche Chancen wie Sportlern anderer Staaten einräumen“. Somit wurde die Truppe zu der Meister- und Medaillenschmiede der Nation. Allein bei den letzten Olympischen Sommerspielen in Sydney waren von 428 deutschen Teilnehmern 113 Angehörige der Bundeswehr, bei den Olympischen Winterspielen 2002 in Salt Lake City wiederum gingen an die 70 Prozent der deutschen Medaillen auf die Kappe von Soldaten.

Hat die Bundeswehr bisher darauf verzichtet, mit ihren sportlichen Erfolgen in der Öffentlichkeit zu punkten, wollen sich jetzt die Militärs ganz offensichtlich nicht länger in Bescheidenheit üben. Mit so schlichten Bundeswehr-Aufnähern, wie an Susi Erdmann gesehen, wird man allerdings auf Dauer kaum die erwünschten Sympathien erlangen. Das kann nur der Anfang der Kampagne gewesen sein, für die man als Nächstes alle Wehrsportler dazu verdonnern sollte, ihre Truppenzugehörigkeit noch eklatanter zur Schau zu tragen, indem sie nämlich nur noch im Tarn- oder Kampfanzug in die Wettkämpfe gehen.

Bei Einladungen ins Aktuelle Sportstudio oder ähnlichen Anlässen wäre die Ausgeh- oder Paradeuniform angesagt. Auch sollte die deutsche SportberichterFritz Tietz ist 45 Jahre alt, lebt als Nachfahre ostpreußischer Einwanderer in der Nordheide und treibt gelegentlich Sport

stattung gebeten und notfalls auch gezwungen werden, in ihren Berichten die militärischen Ränge aller Bundeswehrsportler mit zu erwähnen, sodass etwa, wie zurzeit im Wintersport, nicht mehr nur einfach der Ronni, die Eva oder der Ricco gewinnen, sondern Feldwebel Ronni Ackermann, Stabsunteroffizier Eva Sachenbacher oder Hauptfeldwebel Ricco Groß.

Darüber hinaus sollte man BW-Sportler verstärkt auch in den eigentlichen Dienst der Truppe einbinden, das kann nur Sympathien bringen. Es muss ja nicht gleich ein Kampfeinsatz unserer Biathleten im afghanischen Hochland sein. Ein Einsatz im Spindfotonachschub kann ebenso sympathische Truppendienste leisten, wie gerade von Hauptfeldwebel Susi Erdmann demonstriert.