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Archiv-Artikel

Zum letzten Mal ein blaues Auge

Steuerschätzung sagt Hamburg höhere Einnahmen voraus. Mehr als 300 Millionen Euro zusätzlich fließen in das Stadtsäckel. Im nächsten Jahr aber kommen die finanzpolitischen Nackenschläge

VON SVEN-MICHAEL VEIT

Es dürfte wohl so ziemlich das letzte Mal in diesem Jahr sein, dass Finanzsenator Michael Freytag (CDU) mit einem zufriedenen Lächeln vor die Medien tritt. Wenn er am heutigen Dienstag vor der Landespressekonferenz im Rathaus die Ergebnisse der November-Steuerschätzung bekannt gibt, wird Hamburg noch einmal mit einem blauen Auge davonkommen. Über 300 Millionen Euro höher als erwartet werden die Einnahmen nach taz-Informationen ausfallen. Der Nackenschlag aber folgt sogleich: Denn für das kommende Jahr sinken die Prognosen auf Mindereinnahmen von 230 Millionen Euro.

Vorige Woche hatte der zwei Mal im Jahr tagende Arbeitskreis Steuerschätzung für Bund, Länder und Kommunen Mehreinnahmen von rund 7,4 Milliarden Euro noch im laufenden Jahr vorhergesagt. Für 2009 sinkt die Prognose allerdings dramatisch – auf ein Plus von nur noch 900 Millionen Euro. Diese Zahlen sind inzwischen auf die Bundesländer, Städte und Gemeinden umgerechnet worden.

Nach der Steuerschätzung im Mai hatte Freytag für Hamburg 2008 Einnahmen von 8,134 Milliarden Euro erwartet – 54 Millionen Euro mehr als seinerzeit geplant. Diese Mehreinnahme kann er nun auf den sechsfachen Betrag nach oben korrigieren. Für 2009 sagten die Steuerschätzer im Frühjahr Einnahmen in Höhe von 8,443 Milliarden Euro voraus, rund 50 Millionen Euro mehr als zuvor gedacht. Daraus aber wird nichts mehr werden: Es wird Verluste von deutlich über 200 Millionen Euro geben.

In den Ausschüssen der Bürgerschaft wird zurzeit der Entwurf des Doppelhaushalts für die Jahre 2009 und 2010 debattiert, den der schwarz-grüne Senat Anfang September vorgelegt hatte. Er soll im März kommenden Jahres verabschiedet werden. Dieser Entwurf sieht zusätzliche Ausgaben in Höhe von 800 Millionen Euro vor, um die im Koalitionsvertrag vom April vereinbarten „politischen Schwerpunkte“ von der Primarschule bis zur Stadtbahn zu finanzieren.

Die Gesamtausgaben belaufen sich demnach auf 10,739 Millionen Euro im nächsten Jahr und auf 10,741 Millionen Euro im Jahr 2010. Was der Haushaltsentwurf nicht vorsieht, sind neue Schulden. Ohne weitere Kreditaufnahmen will Schwarz-Grün die ersten drei Jahre seiner Amtszeit bewältigen. Dass dieser Plan nach den neuen Steuerprognosen durchzuhalten ist, darf nun jedoch bezweifelt werden.

Der Etatentwurf fußt auf einem angenommenen Wirtschaftswachstum von 1,0 Prozent im kommenden Jahr. Das gilt inzwischen als illusorisch. In der Folge dürften die Steuereinnahmen sinken, die Ausgaben für Hilfeleistungen aufgrund von drohendem Stellenabbau und entsprechend steigender Arbeitslosigkeit aber steigen.

Wenn es gut geht, so die koalitionsinterne Schätzung, läuft es im kommenden Jahr auf ein Nullsummenspiel heraus. Aber wenn es im Frühjahr keine konjunkturelle Entwarnung gibt, kann es böse enden. Der Steuerschätzung im Mai 2009 jedenfalls blickt nicht einmal mehr der notorisch lächelnde Finanzsenator frohgemut entgegen.