Steuern aufs Altersgeld rutschen nach hinten

Das deutsche Rentensystem wird auf die „nachgelagerte Besteuerung“ umgestellt. Dies verlangt ein Rürup-Bericht

BERLIN taz/dpa ■ Ab 2005 werden Renten stärker besteuert. Dann soll die Hälfte des Ruhegelds steuerpflichtig werden. Diese Neuregelung sieht ein Gutachten vor, das der Nachrichtenagentur dpa vorliegt und heute Finanzminister Hans Eichel (SPD) übergeben wird. Damit würde sich der steuerpflichtige Rentenanteil fast verdoppeln: Bisher wird nur ein fiktiver „Ertragsanteil“ von 27 Prozent veranlagt. Dies entspricht den rechnerischen Zinsen, die entstanden wären, hätte man die Beiträge der Versicherten wirklich angespart.

Allerdings klingt die Neuregelung dramatischer, als sie ist: Nur Rentner mit hohen Nebeneinkünften wären real betroffen; die meisten Ruheständler würden die Grundfreibeträge nicht überschreiten. Zudem wird zwischen Alt- und Neurentnern unterschieden: Nur bei Neurentnern soll der Besteuerungsanteil ab 2006 in kleinen Stufen anwachsen, bis im Jahr 2040 die gesamte Rente steuerpflichtig ist.

Gleichzeitig werden die Arbeitnehmer aber auch entlastet, also die Neurentner von morgen: Vorsorgeaufwendungen für die gesetzliche Rente können im Jahr 2005 zu 60 Prozent steuerlich abgesetzt werden. Dieser Abzug steigt in Stufen bis 2025 an, dann sind die Rentenbeiträge komplett steuerfrei. Im Jahr 2005 führt die Systemumstellung zunächst zu Steuerausfällen von 2,1 Milliarden Euro. Bis 2100 wird die Lücke auf knapp 8 Milliarden Euro anwachsen.

Zusammengefasst: Das deutsche Rentensystem wird auf die „nachgelagerte Besteuerung“ umgestellt. Rentenbeiträge sind zunehmend steuerfrei, dafür müssen die Renten versteuert werden. So ist es bereits bei den Pensionen für Beamte geregelt – daher hatte das Bundesverfassungsgericht im März des letzten Jahres verlangt, dass beide Alterseinkommen ab 2005 steuerlich gleich zu behandeln seien.

Nach dem Karlsruher Urteil setzte Eichel eine Expertenkommission ein, die vom Wirtschaftsweisen Bert Rürup geleitet wird und heute ihren Bericht übergibt. Diese Rürup-Kommission hat übrigens nur den Vorsitzenden und damit den Namen gemein mit einer weiteren Rürup-Kommission, die sich mit grundsätzlichen Reformen des Renten- und des Gesundheitssystems befassen soll.

Sollte der steuerpflichtige Anteil für Altrenter tatsächlich nur 50 Prozent betragen, so bliebe die Bundesregierung unter dem rechtlich möglichen Satz. Denn es wäre auch ein Steueranteil von 65 bis 70 Prozent denkbar. Generell gilt: Es darf nicht zu einer Doppelbesteuerung kommen. Also darf der bisherige Arbeitnehmeranteil an den Renten nicht erneut vom Fiskus herangezogen werden, denn er stammt aus bereits versteuertem Einkommen der Beschäftigten. Der Arbeitgeberanteil hingegen ist unversteuert, Gleiches gilt für die Staatszuschüsse an die Rentenkasse. UH

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