Law and Order soll Wähler überzeugen

NRWs Bürgerinnen und Bürger sind so ängstlich wie noch nie, stellt FORSA fest. Die Parteien haben ihr Wahlkampfthema deshalb schon gefunden: Videoüberwachung und mehr Sicherheitspatrouillen

RUHR taz ■ Dortmund ist ein unsicheres Pflaster geworden, findet Uwe Radegast von der Dortmunder CDU-Fraktion. „Der Vandalismus an öffentlichen Gebäuden hat unerträgliche Ausmaße angenommen“, sagt der CDUler. „Und auf vielen Spielplätzen halten sich statt spielenden Kindern nur noch Drogenabhängige auf.“

Deshalb sollen öffentliche Plätze künftig überwacht werden, fordert die CDU. Zwölf besonders schlimme Stellen hat die Fraktion ausgemacht und einen entsprechenden Antrag an die Verwaltung gestellt.

„Alles Wahlkampfgeschrei“, sagt Gerti Zupfer, ordnungspolitische Sprecherin der regierenden SPD. Und tatsächlich erscheint die Kriminalstatistik der Stadt Dortmund ebenso wie die der anderen NRW-Kommunen erst heute und war auch für Politiker bislang nicht zugänglich. Außerdem habe sich an der Sicherheitslage Dortmunds auch „nichts großartig verändert“, teilt die Polizei im Vorfeld mit.

Verändert hat sich allerdings das Gefühl der Bürgerinnen und Bürger, stellt die Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen (FORSA) in einer aktuellen Umfrage für Nordrhein-Westfalen fest. Fast 80 Prozent aller Befragten gaben an, sich manchmal „gefährdet“ zu fühlen, wenn sie sich durch ihre Stadt bewegten.

Als Grund dafür nannten sie die „steigende Kriminalität“, die es, so stellen die Forscher in ihrem Fazit fest, „eigentlich gar nicht gibt.“

Solche starken Gefühle kann die SPD nicht ignorieren. Zumal die Forderung der Dortmunder CDU nach mehr Sicherheit in der Öffentlichkeit hervorragend ankamen. „Der Anblick unseres Spielplatzes jagt mir jedes Mal einen Schauer über den Rücken“, stellt eine Leserbriefschreiberin in der Lokalpresse fest. „Da muss mal endlich jemand durchgreifen.“

Deshalb schreibt sich auch die Dortmunder SPD das Thema Sicherheit jetzt groß auf die Wahlkampffahnen. Die Sicherheitspatrouillen der Dortmunder Dienste will sie ausweiten, „auch in den Stadtteilen“, sagt Gerti Zupfer. Und das sei, im Gegensatz zur Videoüberwachung, auch finanzierbar.

Auch in den Nachbarstädten wird die innere Sicherheit wichtiges Wahlkampfthema. „Wir wollen gegen die vielen dunklen Ecken in Bochum angehen“, sagt Dirk Deziabel von der Bochumer SPD. „Und das wird eines der ganz großen Themen im Wahlprogramm.“ Das Gleiche planen auch die Kollegen in Herten und in Lünen.

Das subjektive Unsicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger wird dadurch noch weiter verstärkt, sagt die Duisburger Parteienforscherin Brigitte Bohnke. „Mit Angst kann man punkten, wenn man verspricht, den Bürgern die Angst nehmen zu können“, sagt die Politologin. Ob diese Angst nun objektive Ursachen hat, spiele dabei überhaupt keine Rolle. „Wenn alle sagen, unsere Stadt muss sicherer werden, ist es leicht zu glauben, dass sie zur Zeit sehr gefährlich ist“, sagt Brigritte Bohnke. „Und die Parteien können sich im Wahlkampf als diejenigen darstellen, die die Bürger vor diesen Gefahren retten können.“

Das habe die CDU in vielen Städten bereits getan, findet der Sprecher des nordrhein-westfälischen Landesverbandes der CDU, Markus Fliege: „Das ist schließlich auch ein Markenzeichen der CDU.“

Eine Leitlinie des Landesverbandes für den Kommunalwahlkampf gibt es deshalb trotzdem nicht. „Die Kollegen vor Ort erkennen schließlich selbst am besten, was den Bürgern auf dem Herzen liegt.“ Ob die Bürgerinnen und Bürger wirklich Grund zur Sorge haben, ist dabei offenbar sekundär. MIRIAM BUNJES