Marshmallow-Liturgie

Großer Erfolg für Bremer Philharmoniker: Bernsteins „Mass“ lässt die Glocke swingen

„Theater für Sänger, Schauspieler und Tänzer“ nannte der amerikanische Komponist und Dirigent Leonard Bernstein seine 1971 im Auftrag von Jacqueline Kennedy geschriebene „Mass“. „Steak in Erdnussbutter mit Marshmallow-Sauce“ hatte hingegen weniger freundlich der Uraufführungskritiker der New York Times geurteilt.

In jeder Hinsicht überdimensional montiert das Werk auf Basis der lateinischen Messe englische und hebräische Zeitdokumente Neben den üblichen Solisten verlangt die Partitur drei Rock- und drei Bluessänger, einen Knabenchor, verschiedene Orchester-Combos sowie Bandeinspielungen. Unter der Leitung des Bernstein-Fachmannes Wayne Marshall wurde „Mass“ nun in der Glocke sehr erfolgreich aufgeführt. Vielleicht kann man den für Bernstein typischen Verschnitt aus Blues, Jazz-Rock, Puccini-Kantilenen, Mahler‘scher Sinfonik, Strauss‘scher Süße und Kirchenmusik ein Liturgie-Musical nennen: Es erzählt die Geschichte eines Priesters, der an seiner Aufgabe verzweifelt. Auf dem Höhepunkt des Werkes zerschmettert er die Monstranz und zerreißt seine Kleider. Kindlich-naiv wird der Frieden zurückgewonnen – auf dem Hintergrund der Irak-Krise an diesem Abend mit enormer Wirkung: „Mass is ended – Go in peace.“ Glücklicherweise stilisierte der stimmstarke John Cashmore das nur in angedeuteten Gesten.

Ein blendender Auftritt ist den 18 Studierenden des Studienganges Musical/Show von der Berliner Universität der Künste zu bescheinigen, ebenso dem deutschen Kammerchor und dem Knabenchor der Kirche Unser Lieben Frauen. Wayne Marshall hielt dies alles bestens zusammen. Bei allen Problemen mit diesem ästhetischen Zwitter: eine hoch ambitionierte, blendende Aufführung. usl