Krach im Hinterhaus

Bürgerschaft beschließt mit kurioser Mehrheit, Zwangsmitgliedschaft in Handelskammer zu prüfen

So etwas kann wohl nur passieren, wenn sich Koalitionen in Auflösung befinden: Mit den Stimmen von SPD, GAL und zahlreichen Schill- oder ehemaligen Schill-Abgeordneter hat die Bürgerschaft am späten Mittwochabend einen Prüfauftrag beschlossen, mit dem Ziel, die Zwangsmitgliedschaft von Unternehmen in der Handelskammer zu beenden. Bisher war die Zwangsmitgliedschaft in der mächtigen Kammer von keinem Senat angetastet worden war.

Die Inhaberin eines Second-Hand-Ladens hatte sich an den Petitionsausschuss der Bürgerschaft gewandt, weil sie nicht einsah, der Handelskammer beizutreten und auch noch Beitrag dafür zu zahlen. Damit brachte sie den Stein ins Rollen.

Während CDU und vor allem FDP die Mitgliedschaft verteidigten, waren SPD und GAL mit ihrem Abstimmungssieg hochzufrieden. „Diese Entscheidung bedeutet faktisch einen Akt der Emanzipation des Vorderhauses“, jubelt GALier Willfried Maier mit Hinweis auf die räumliche Nähe zwischen Rathaus und Handelskammer. Damit werde lediglich eingeläutet, dass die Kammer die „freiheitlichen Grundsätze, auf denen sie regelmäßig besteht, auch für sich selber gelten lassen muss“.

Auch der SPD-Abgeordnete Rolf Polle sprach von einem „Beitrag zur Entbürokratisierung des Wirtschaftslebens“. Wenn die Bürgerschaft ihren Prüfauftrag tatsächlich umsetze, müssten sich die Kammern irgendwann in Zukunft „ebenso am Markt behaupten wie die Betriebe und Unternehmen, die sie vertritt“. PETER AHRENS