american pie
: Großer Tanz um die Collegetitel im Basketball

Das Jahr der Wildkatze

Vergesst die Los Angeles Lakers, Dallas Mavericks, Washington Wizards, vergesst Nowitzki, Jordan, Kobe – zumindest für drei Wochen. „March Madness“ hat Einzug gehalten im amerikanischen Basketball. Die jeweils 64 besten College-Teams der Frauen und Männer sind zum „Big Dance“ angetreten, am ersten April-Wochenende werden sie in New Orleans bzw. Atlanta ihre Champions ermitteln.

Zunächst einmal ist jedoch das Geschrei groß bei jenen, die von der NCAA-Auswahlkommission nicht der Aufnahme in den erlauchten Kreis für würdig befunden wurden. Das sind bei den Männern zum Beispiel Seton Hall, Boston, Tennessee oder Texas Tech mit dem ebenso legendären wie schlagkräftigen Coach Bobby Knight, aber auch die Teams von Michigan, Georgia oder Fresno State, die wegen skandalträchtiger Verstöße gegen die Amateurregeln draußen bleiben müssen.

Wegen mangelnder Spielstärke nicht dabei sind auch traditionsreiche Teams wie UCLA, das am Montag seinen Coach Steve Lavin feuerte, oder, zum zweiten Mal in Folge, North Carolina. Der ruhmreichen Universität von Michael Jordan, Jerry Stackhouse, Vince Carter, Ademola Okulaja und Henrik Rödl bleibt immerhin die Genugtuung, kürzlich den Erzrivalen Duke geschlagen zu haben, der nichtsdestotrotz wieder zu den größten Anwärtern auf den Titel zählt.

Während bei den Frauen die Huskies von UConn die absoluten Favoriten sind, ist der Ausgang bei den Männern völlig offen. „Ich glaube nicht, dass wir schon mal so viele Teams mit der Chance hatten, die Meisterschaft mit nach Hause zu nehmen“, meint Jim Livengood, der Vorsitzende der Auswahlkommission. So kassierten viele der am stärksten eingeschätzten Mannschaften bei den letzten Regionalturnieren bittere Niederlagen.

Da Vorjahressieger Maryland seinen Star Juan Dixon an die NBA verlor, gelten vor allem zwei Teams als Favoriten: Kentucky und Arizona. Beide verfügen über einen Kern von erfahrenen Spielern mit NBA-Perspektive, die bereits bei den Final Four gespielt haben und sich von der gewaltigen Atmosphäre nicht mehr so leicht einschüchtern lassen. Die Spieler aus Kentucky gingen demonstrativ optimistisch in den Big Dance. Nach ihrem Sieg beim South Eastern Conference Tournament verzichteten sie darauf, im Superdome von New Orleans, Schauplatz der Final Four im April, die Netze der Körbe mitzunehmen, wie es Tradition ist. „Wir wollen sie nicht zweimal runterschneiden“, sagte Turnier-MVP Keith Bogans.

Die Finalteilnahme ist den Wildcats durchaus zuzutrauen, allerdings müssen sie auf dem Weg dorthin möglicherweise einen großen Brocken aus dem Weg räumen. Wenn alles nach Plan läuft, träfen sie nämlich schon im Halbfinale auf die anderen Wildcats, jene aus Arizona. Dort verfügt Coach Lute Olson über eine Mischung von Spielern, die absolut meisterschaftsträchtig ist. Mit Jason Gardner, Rick Anderson und Luke Walton drei perfekt harmonierende Seniors, dazu jüngere Leute wie Salim Stoudamire, Bruder von Portland TrailBlazer Damon, und Freshman Andre Iguodala. „Das Coole ist“, sagt Gardner, „wenn man älter wird, weiß man, was es braucht, einen nationalen Titel zu gewinnen.“ Luke Walton wiederum muss eigentlich nur dem Beispiel seines berühmten Vaters Bill zu folgen. Als der 1973 mit UCLA College-Meister wurde, traf er im Finale 21 von 22 Würfen. MATTI LIESKE