Pilotbezirk startet Ausstand

IG Metall will ihre Warnstreiks in Baden-Württemberg heute auf 76 Betriebe ausdehnen

STUTTGART ap ■ Unmittelbar nach dem Ende der Friedenspflicht in der Metall- und Elektroindustrie sind gestern mehrere tausend Beschäftigte in den Warnstreik getreten. Allein in Baden-Württemberg und Bayern legten rund 7.500 Metaller ihre Arbeit nieder. IG-Metall-Chef Jürgen Peters warf den Arbeitgebern vor, den Konflikt provoziert zu haben. Der Verhandlungsführer der Arbeitgeber im Südwesten, Otmar Zwiebelhofer, warnte die Gewerkschaft indes nachdrücklich vor einem Streik.

Im traditionellen Pilotbezirk Baden-Württemberg legten kurz nach Mitternacht rund 1.000 Beschäftigte der Nachtschicht bei DaimlerChrysler in Sindelfingen für eine Stunde ihre Arbeit nieder. In Bayern streikten laut IG Metall annähernd 1.500 Mitarbeiter, unter anderem bei Infineon in München. Weitere Proteste gab es in Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen sowie im Bezirk Küste.

Die IG Metall kündigte an, die Warnstreiks in den kommenden Tagen auszuweiten. So sollen allein in Baden-Württemberg heute 51.000 Arbeitnehmer in 76 Betrieben ihre Arbeit bis zu drei Stunden lang ruhen lassen. Der Stuttgarter IG-Metall-Bevollmächtigte Jürgen Stamm drohte den Arbeitgebern mit einem flächendeckenden Streik. Wer glaube, die IG Metall sei nach dem voriges Jahr ergebnislos abgebrochenen Arbeitskampf in Ostdeutschland nicht mehr streikfähig, „den werden wir eines bessern belehren“.

IG-Metall-Chef Peters sagte, die Arbeitgeber hätten sich bislang einer vernünftigen Lösung am Verhandlungstisch verweigert und wollten „den Krach auf Biegen und Brechen“. Das von Arbeitgeberseite präsentierte Angebot in Höhe von zweimal 1,2 Prozent bezeichnete der Gewerkschaftsvorsitzende als nicht ernst zu nehmen. Die IG Metall fordert für die rund 3,5 Millionen Beschäftigten 4 Prozent mehr Geld.

Als „Unverschämtheit“ und „versuchten Betrug“ an den Arbeitnehmern bezeichnete Peters die Forderung nach Arbeitszeitkorridoren bis zu 40 Stunden pro Woche teils ohne Lohnausgleich. Dies bedeute eine Lohnabsenkung von bis zu 14,5 Prozent und eine generelle Rückkehr zur 40-Stunden-Woche, die 400.000 Menschen arbeitslos machen würde. Die IG Metall werde dem „nie und nimmer“ zustimmen.

Von der Arbeitgeberseite forderte Verhandlungsführer Zwiebelhofer die IG Metall zu Kompromissbereitschaft auf. Niemand fordere eine einfache Wiedereinführung der 40-Stunden-Woche. Scharfe Kritik an den Warnstreiks kam von CSU-Generalsekretär Markus Söder, der der Gewerkschaft unverantwortliches und realitätsfernes Verhalten vorwarf.