Ursachen nicht verschleiern

betr.: „Verknallt in Obama – aber richtig“

Soll die jetzige Krise der Finanzwirtschaft und der mit ihr verschwisterten und verschwägerten Politik zu einer Klärung und vor allem: Verbesserung der Lebensumstände der Mehrheit der Bevölkerung führen, dürfen die Ursachen nicht mit romantisch-naiven Vorstellungen weltfremder Bildungsbürger verschleiert werden.

Die Krise in Deutschland ist kein Problem irgendeiner schwerblütigen deutschen Mentalität und der Erfolg Obamas auch kein Resultat der Leichtigkeit amerikanischer Kultur. Wenn es so etwas überhaupt gibt wie einen deutschen analytischen Geist, würde er einer sozialen Bewegung gewiss nicht schaden. Er würde die Verflechtung der Politik mit der Finanzwirtschaft, das Casino, durchschauen und Konsequenzen fordern. Im Unterschied zu Amerika gibt es in Deutschland keine nennenswerte soziale Bewegung! Trotz einer Krise mit nie da gewesenen Ausmaßen gelingt es, ein soziales Projekt wie die Wahl einer sozialdemokratischen Ministerpräsidentin zu verhindern – und anschließend sogar deren Umfragewerte in den Keller zu schicken! Trotz angeblich analytischem Verstand der Deutschen gelingt es, die Bahn zu verramschen. Und hier wie auch in Amerika werden unvorstellbare Summen vom Staat – natürlich Steuergelder – den Banken bereitgestellt, ohne jegliche Möglichkeit der Einflussnahme auf Verwendung und Rückzahlung!

Dass einige „68er“ versuchen, gegen die Umdeutung des damaligen gesellschaftlichen Projektes anzuargumentieren; dass Gentrifizierung keine melancholische Vergangenheitssehnsucht ist, sondern ganz konkret Unterschichtler aus den entsprechenden Bezirken vertrieben werden und Mittelschichtlern schicken Wohnraum übergeben, ist wirklich nicht die Ursache für die Finanzkrise. Und im Verhältnis zum Rassismus, zur Segregation der Kulturen in Amerika sind wir ein vorbildlich integriertes Land!

Ein positiver Bezug zum Konsum als wichtige Voraussetzung des Wahlsiegs Obamas? Das ist reine Blasphemie. Es ist, nach Jahren des Rückgangs der Reallöhne und exorbitanter Kumulation von Geld in der Hand von wenigen, schlicht kein Geld da zum Shoppen!

GERTRUD SCHRENK, Mannheim