forensik
: Täter sind Patienten

Weit weit weg, am liebsten auf eine einsame Insel, mit Brot und Wasser – dorthin wünschen sich viele Menschen psychisch kranke Straftäter. Wer auf den Rechten und dem Leben von anderen herumtrampelt, habe seine eigenen verspielt. Das Oberlandesgericht Hamm hat nun anders entschieden: Die Kranken dürfen nicht in den überbelegten normalen Knästen zwischengelagert werden, sie haben Anspruch auf eine Therapie.

KOMMENTAR VONANNIKA JOERES

Die Landesregierung kann den schleppenden Bau der sechs geplanten Forensik-Kliniken nicht länger hinauszögern. Aus Rücksicht auf die zahlreichen Bürgerinitiativen gibt es die Therapieplätze bisher nur auf dem Papier. Die bestehenden Kliniken sind überbelegt, teilweise bis zu 30 Prozent. Unter diesen Umständen können die Täter nicht erfolgreich therapiert werden.

Trotzdem kann das Hammer Urteil natürlich nicht eins zu eins umgesetzt werden: Kriminelle frei laufen zu lassen, weil sich kein Platz in ganz Nord-rhein-Westfalen für sie findet, ist undenkbar. Für die Täter, aber natürlich erst recht für die Opfer und die verängstigten AnwohnerInnen. Es kann für das Land jetzt nur eine Konsequenz geben: die Baumaßnahmen an den Standorten Herne, Dortmund, Essen, Duisburg, Münster und Köln müssen schnell beginnen. Vergewaltiger und Kindermörder sind Täter, aber oft auch Patienten. Nach den Grundsätzen unserer Rechtsordnung müssen sie auch als solche behandelt werden.