„Schwarze“ raus!

Russland: amnesty international beklagt Rassismus gegen Minderheiten sowie Ausländerfeindlichkeit

BERLIN taz ■ Ein Ausflug mit Freunden in den Moskauer Troparewski-Park im Juli vergangenen Jahres endete für den Kameruner Germain Soumele Kembou im Krankenhaus. Wenige Stunden zuvor war die Gruppe von Afrikanern beim Picknick von russischen Skinheads angegriffen und mit rassistischen Parolen beschimpft worden. Doch statt den schwer verletzten Kembou umgehend ins Krankenhaus zu bringen, verhörten die Polizisten ihn erst einmal längere Zeit. Die Ermittlungen in diesem Fall, der landesweit Schlagzeilen machte, laufen noch.

Dieses ist nur eines von zahlreichen Beispielen, die die Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) in ihrem jüngsten Report dokumentiert. Der Bericht über die Diskriminierung ethnischer und nationalen Minderheiten in der Russischen Föderation, der im vergangenen September abgeschlossen wurde und Teil der diesjährigen ai-Russlandkampagne ist, wurde gestern in Moskau vorgestellt.

Die Bilanz ist düster. So sind es zum einen in der Regel Studenten, Asylsuchende und Flüchtlinge aus afrikanischen Staaten, zum anderen vor allem Menschen aus dem Kaukasus, die Opfer rassistischer Übergriffe werden. Und das auch noch doppelt. Denn Ordnungskräfte, so sie nicht sogar selbst an den Übergriffen beteiligt sind, schreiten vielfach nicht ein und verweigern den Opfern Hilfe. Nicht selten werden diese auf Polizeistationen willkürlich lange unter fadenscheinigen Begründungen – wie angeblich ungültiger Papiere – festgehalten und finden sich in der Rolle des Angeklagten wieder. Um auf freien Fuß zu kommen, müssen sie den Beamten oft hohe Schmiergelder zahlen.

Neben dem „alltäglichen Rassismus“ verweist der Bericht noch auf weitere Missstände. So wird Angehörigen von Minderheiten häufig die russische Staatsbürgerschaft verweigert mit der Folge, dass diesen Personen auch andere, grundlegende Rechte vorenthalten bleiben.

Amnesty fordert die russische Regierung auf, den Kampf gegen den Rassismus entschieden voranzutreiben. Eine besondere Rolle spiele dabei auch die fachgerechte Schulung staatlicher Bediensteter sowie die konseqente strafrechtliche Verfolgung rassistischer Übergriffe. Doch auch die internationale Gemeinschaft ist gefordert. So dürften Tschetschenen so lange nicht in ihre Heimat oder andere Teile der Russischen Föderation abgeschoben werden, bis ihre sichere und dauerhafte Rückkehr garantiert werden könne.

BARBARA OERTEL