Seehofer hat Stoiber-Kurs satt

Nach Alleingang des Parteichefs droht CSU-Sozialexperte, sein Vizeamt aufzugeben

BERLIN taz/rtrs/ap ■ Der Streit in der CSU um die Arbeits- und Sozialpolitik hat sich verschärft. Mitglieder der Landesgruppe im Bundestag bestätigten gestern, dass CSU-Sozialexperte Horst Seehofer gedroht habe, sein Amt als Parteivize niederzulegen.

Auslöser des Ärgers: Vorige Woche stellte Parteichef Edmund Stoiber eigenmächtig ein „Akutprogramm“ vor, das nicht den Beschlüssen der Unionsfraktion entsprach. So forderte Stoiber, dass der Kündigungsschutz erst bei Betrieben ab 20 Mitarbeitern gelten solle und dass die Sozialhilfe für Arbeitsfähige um 25 Prozent zu senken sei. Seehofer ließ daraufhin öffentlich wissen, was er von diesen Vorschlägen hielt: „Bei den Kollegen in der Fraktion herrscht großer Unmut.“ Und als Seitenhieb lobte er die Regierungserklärung von Bundeskanzler Gerhard Schröder: „Ich bin sehr zufrieden.“

Die Münchner Parteizentrale gab sich gestern wortkarg: Man wolle der Diskussion des 48-köpfigen CSU-Vorstands „nicht vorgreifen“, der am Wochenende in Wildbad Kreuth tagt. Allerdings rechnen Parteikreise damit, dass man sich „ohne größere Probleme“ einigen werde. Stoiber sagte dem Magazin Capital, er habe sein Konzept zur Diskussion gestellt. „Differenzierungen sind selbstverständlich möglich.“

Sie sind auch nötig. Denn Stoiber hat mit seinem Vorstoß zugleich die Schwesterpartei verärgert. CDU-Chefin Angela Merkel sagte gestern im Bundestag, ihre Fraktion habe ein Papier verabschiedet, das man „auch vertreten“ werde. Dazu gehört, dass der Kündigungsschutz nur für neue Arbeitsverhältnisse gelockert wird. Und eine gekürzte Sozialhilfe soll nicht für alle Erwerbsfähigen, sondern nur für „Arbeitsunwillige“ gelten. UH