Wanzen in Brüssel

Wer den Lauschangriff auf die deutschen und französischen Büros im EU-Ministerratsgebäude veranlasste, wird derzeit in Brüssel untersucht

BRÜSSEL taz ■ Eine Routineüberprüfung hat es ans Licht gebracht: Wanzen in mehreren Räumen des Brüsseler Justus-Lipsius-Gebäudes, unter anderem im deutschen und im französischen Delegationsbüro. Ein Sprecher des Rates bestätigte gestern die Meldung des Figaro sowie Hinweise einer Mitarbeiterin des außenpolitischen Vertreters Javier Solana.

Solanas Sprecherin Cristina Gallach bezeichnete den Lauschangriff als „ernst zu nehmenden Bruch der Sicherheit. Wir sind froh, dass er entdeckt worden ist.“ Es sei bereits mehrfach versucht worden, im „Lipsius“ Wanzen anzubringen, sie seien aber alle rechtzeitig entdeckt worden, so Ratssprecher Dominique-Georges Marro. Wie lange das Abhörsystem installiert gewesen sei, werde untersucht.

Das „Lipsius“ im Europaviertel beherbergt neben der Ministerratsverwaltung die außenpolitische Repräsentanz. Regelmäßig finden dort Treffen der Fachminister statt; so tagt ab heute der Rat der Staats- und Regierungschefs. Bereits vor knapp drei Jahren, als Solana mit seinem Stab dort einzog, wiesen Sicherheitsexperten darauf hin, dass das Gebäude nicht abhörsicher, sondern „löchrig wie ein Schweizer Käse“ sei. Seit dem 11. September 2001 werden Besucher zwar gründlicher kontrolliert, doch höheren Sicherheitsstandards genügt das Haus nicht.

Unter Berufung auf Ermittlungen der belgischen Polizei macht der Figaro die USA für den Lauschangriff verantwortlich. Ein belgischer Polizeisprecher erklärte aber gestern, seine Behörde sei an der Untersuchung gar nicht beteiligt. Laut Marro untersuchen Ermittler der betroffenen Länder sowie Mitarbeiter vom Ratssicherheitsdienst den Vorfall. Eine Sprecherin der deutschen EU-Botschaft sagte allerdings, sie wüssten nur aus der Zeitung, dass die Räume der deutschen Delegation im „Lipsius“ verwanzt waren.

Am 2. März hatte der britische Observer aufgedeckt, dass der US-Geheimdienst die UNO-Büros von sechs Mitgliedern des Sicherheitsrats abgehört hatte, die bei der Abstimmung über eine mögliche zweite Irakresolution als Wackelkandidaten galten.DANIELA WEINGÄRTNER