Finanzsenators eisiger Humor

Die neue Steuerschätzung sagt 309 Millionen Euro mehr in diesem und ein Minus von 237 Millionen Euro im nächsten Jahr voraus. Und danach werde es „richtig trübe“, mahnt Stadtkämmerer Freytag strikte Haushaltsdisziplin an

Er habe „eine gute und eine schlechte Nachricht“, verkündete Finanzsenator Michael Freytag (CDU) am Dienstag vor der Landespressekonferenz, als er die neueste Steuerschätzung vorstellte. Und bestätigte die Zahlen, die gestern schon vorab in der taz zu lesen waren. Im laufenden Jahr kann die Stadt sich über Mehreinnahmen in Höhe von 309 Millionen Euro freuen, im nächsten Jahr jedoch wird es ein Minus von 237 Millionen Euro geben. Und die noch schlechtere Nachricht lautet: „Danach werden die Aussichten richtig trübe“.

Kurzfristig aber wollen Freytag und der schwarz-grüne Senat an dem Ziel festhalten, keine neuen Kredite aufzunehmen. Auch für den Doppelhaushalt 2009/2010, der zurzeit in den Ausschüssen der Bürgerschaft beraten wird, gebe es keinen Änderungsbedarf: „Alles, was vorgesehen ist, kann ohne Kreditaufnahme finanziert werden.“

Seit 2007 nehme Hamburg keine Neuverschuldung in Anspruch, und das solle vorerst so bleiben. Dafür sei „eine strikte Ausgabendisziplin“ vonnöten, warnte er seine Kabinettskollegen: „Wundersame Vorlagen mit Mehrkosten, die irgendwoher gezaubert werden, stoßen zunehmend auf eisigen Humor.“ Denn in den kommenden Jahren drohten je nach Ausmaß und Dauer der internationalen Finanzkrise weitere Mindereinnahmen: „Wir müssen uns in Zukunft einstellen auf nicht wachsende Haushalte“, stellte Freytag klar.

Der aktuellen Prognose zufolge bleiben in diesem Jahr rund 8,61 Milliarden Euro in der Hansestadt, im kommenden Jahr sollen es nur noch 8,27 Milliarden Euro werden. Die Mehreinnahmen 2008 aber würden reichen, um das Minus 2009 auszugleichen. Es verbleibe ein „Puffer von 72 Millionen Euro“, rechnete der Finanzsenator vor, welcher in die allgemeine Rücklage überführt werde. Denn Haushaltsrisiken gebe es reichlich, räumte Freytag ein, und das betreffe nicht nur die Kostenexplosion bei der Elbphilharmonie.

Hinzu kämen auch erhöhte Zahlungen in den Länderfinanzausgleich, weil das Steueraufkommen in Hamburg über dem Bundesdurchschnitt liege. In diesem Jahr müsse der Stadtstaat mit 440 Millionen Euro 110 Millionen Euro mehr als gedacht in den Subventionstopf für die ärmeren Bundesländer einzahlen. Nächstes Jahr rechnet Freytag nur noch einer Abführung von 310 statt 340 Millionen Euro.

Über „Freytags Märchenstunde“ spottete der Haushaltspolitiker der Linken, Joachim Bischoff. Mit dem Betriebsüberschuss 2008 die schwierige Lage 2009 zu kompensieren, „ist eine typische Freytag-Rechnung“. Damit würden faktisch „die Rücklagen für eine längere Periode wirtschaftlicher Schrumpfung im nächsten Jahr aufgebraucht“. Das sei „fahrlässig“.

Ohnehin kommt der Etat gerade so eben ohne Schulden hin, weil der Senat an der Steuerschraube dreht. Vor dem Haushaltsausschuss der Bürgerschaft wurde am Abend die Erhöhung der Grunderwerbssteuer von 3,5 Prozent auf 4,5 Prozent zum 1. Januar 2009 debattiert. Dadurch sollen jährlich etwa 63 Millionen Euro mehr ins Stadtsäckel fließen. In nur drei Jahren könnte so die vermuteten Mehrkosten für die Elbphilharmonie gedeckt werden. SVEN-MICHAEL VEIT