Stolz statt Abgesang

Die Schweden sind die großen Verlierer der Handball-EM, wollen vom Ende einer Ära aber nichts wissen

CELJE taz ■ „Ach, ich weiß nicht, ob man das so sagen kann.“ Magnus Wislander findet, dass alles mal wieder viel zu wichtig genommen wird. Die großen Worte vom „Abgesang der alten Schweden“ oder dem „Ende einer Generation“ kann er nur bedingt nachvollziehen. Fakt ist, dass Magnus Wislander und Staffan Olsson, die letzten verbleibenden Handballgrößen des Geburtsjahrgangs 1964 im Team des noch amtierenden Europameisters, am Mittwoch durch die 28:34-Niederlage gegen Dänemark nicht nur das EM-Halbfinale verpassten, sondern auch die Qualifikation für Olympia. Damit verspielten sie die letzte Möglichkeit, ihrer beeindruckenden Titel- und Medaillensammlung (4-mal Europameister, 2-mal Weltmeister, 3-mal Silber bei Olympia) olympisches Gold hinzuzufügen. Stattdessen treffen heute die Dänen im EM-Halbfinale auf die deutsche Mannschaft (14,30 Uhr/DSF), Gastgeber Slowenien, der überraschend Frankreich bezwang, spielt gegen Kroatien.

Trotz des Misserfolgs sagt der Jahrhunderthandballer Wislander: „Staffan und ich nehmen das nicht so sehr persönlich. Eigentlich sind wir eher traurig für den schwedischen Handball. Außerdem glaube ich, können wir sehr stolz auf das sein, was wir in all den Jahren erreicht haben.“ Auch gewinnen diejenigen Kritiker, die moniert hatten, dass Nationaltrainer Bengt Johannsson viel zu lange an seinen alten Stars festhielt und so einen rechtzeitigen Umbruch verhinderte, nur scheinbar Oberwasser. Schließlich besiegte Schweden am Donnerstag im letzten Hauptrundenspiel die zuvor hoch gehandelten Spanier und spielt heute um Platz sieben.

Im Übrigen gibt es Spieler im so genannten besten Handballalter bei den Schweden durchaus. Diese heißen Lövgren, Vranjes, Larsson, Ahlm und Boquist, allesamt Bundesliga-Akteure und entweder aufgrund von Verletzungen oder, wie die beiden Letztgenannten, durch ihren Wechsel zu Saisonbeginn von Schweden nach Deutschland nicht in Bestform. Und dass die Vertreter der jüngsten Generation im schwedischen Team, die Junioren-Weltmeister Kim Andersson, Jonas Larholm und Joachim Ernstsson in ihrem ersten großen Event bei den Herren noch nicht auf konstant hohem Niveau spielen konnten, war zu erwarten gewesen.

Gerechtfertigter als das Auseinandersetzen mit dem Alter der Spieler ist eher die Frage nach der Aktualität des schwedischen Abwehrsystems. Ein maßgeblicher Garant zum dauerhaften Erfolg war stets die beinharte, defensive 6-0-Abwehr. Mittlerweile scheint man mit dieser Formation, wenn überhaupt, nur noch inklusive einer Weltklasseleistung der dahinter stehenden Torhüter bestehen zu können. Dieses Format erreichten Gentzel und Svensson über das gesamte Turnier diesmal nicht.

Eines scheint aber bei den Schweden über alle Spielergenerationen hinweg konstant. Begeisterung, Hingabe, Leidenschaft einerseits, andererseits eine absolute Unaufgeregtheit und realistische Einschätzung sowohl der eigenen Leistung als auch der Lage der Dinge. In jedem Fall lässt das, was der 21-jährige Jonas Larholm stellvertretend für die neue Generation sagt, hoffen: „Klar waren wir alle sehr enttäuscht, aber die Dänen waren eindeutig besser. Überhaupt ist die Qualität der einzelnen Spieler hier mit einer Junioren-WM nicht zu vergleichen. Aber ich denke, wenn du einmal Weltmeister geworden bist und weiter hart trainierst, kannst du das auch wieder schaffen.“

Viel Zeit bleibt zum Trainieren mit dem Nationalteam allerdings nicht. Bereits im Juni steht die Qualifikation für die WM 2005 in Tunesien auf dem Programm. Gut möglich, dass Wislander und Olsson noch einmal dabei sein werden. Alter Schwede! ANKE BARNKOTHE