IG Metall mobilisiert

Metaller verstärken ihre Warnstreiks und vergewissern sich ihrer Kraft. Sie bestehen auf real mehr Lohn und wehren sich gegen Öffnungsklausel

BERLIN taz/rtr/ap ■ Die IG Metall weitete gestern ihre Warnstreiks aus. Allein in Baden-Württemberg waren mehr als 50.000 Beschäftigte von der Gewerkschaft aufgerufen, von der Frühschicht früher ins Wochenende zu gehen und gegen die Forderungen der Arbeitgeber zu protestieren. Diese verlangen Öffnungsklauseln im Tarifvertrag, die einzelnen Betrieben ermöglichen, ohne Lohnausgleich auf 40 Stunden Wochenarbeitszeit zu verlängern. Die Gewerkschaften lehnen das ab und verlangen eine Lohnerhöhung um 4 Prozent.

Damit konzentriert sich der Arbeitskampf auf den traditionellen Pilottarifbezirk der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg – mit Betrieben wie Audi und Bosch. Aber auch in Niedersachsen legten bereits am Morgen 4.000 Metaller die Arbeit für den ganzen Tag nieder. Beim Autozulieferer Faurecia und beim Fahrstuhlfabrikanten Otis stand gestern Gewerkschaftsangaben zufolge die ganze Produktion still. Warngestreikt werden sollte gestern auch in 20 saarländischen Betrieben.

Die IG-Metall-Führung ist bemüht, ihre Kampfkraft nach dem abgebrochenen Streik im Osten im vergangenen Juni, unter Beweis zu stellen. Damals wurde unter umgekehrten Vorzeichen gestreikt, denn die Ostmetaller setzten sich für eine Arbeitszeitverkürzung ein. Die IG-Metall-Zentrale nannte die Warnstreiks gestern „erfolgreich“. Sie seien ein Signal, dass die Gewerkschaft „mobilisierungsfähig“ sei.

Trotz des großen Aufgebots der Metaller weigerten sich die Arbeitgeber, die Verhandlungen über Arbeitszeit und Gehalt zu entkoppeln. „Wir müssen sie beide lösen, weil eine befriedigende Lösung des einen ohne das andere nicht möglich ist“, sagte der Präsident des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, Martin Kannegiesser. Die Warnstreiks kritisierte er als „falsches Signal“.

Bislang bieten die Arbeitgeber lediglich eine Lohnerhöhung von zweimal 1,2 Prozent – über die geforderte Laufzeit von 27 Monaten würde das nicht einmal die Inflationsrate kompensieren. Der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel nannte einen Abschluss von um die 1 Prozent jährlich „Gift für die Konjunktur“, weil der private Konsum dann nachlasse. Besser wären 3 bis 4 Prozent vor dem Komma. Der konservative Mannheimer Wirtschaftsweise Wolfgang Franz unterstützte dagegen das Angebot der Arbeitgeber, weil es Jobs sichere.

Inzwischen kündigte auch die IG Metall in Bayern an, bis zu 100.000 Beschäftigte in den Warnstreik zu schicken, falls die Arbeitgeber dort bis kommenden Donnerstag kein besseres Angebot präsentierten. Die Arbeitgeber im Tarifbezirk Rheinland-Pfalz/Hessen/Saarland kündigten derweil ein nachgebessertes Angebot für Montag an. URB