Bushs drei Wochen

Die Amerikaner sind mit dem Irakkrieg einverstanden – aber nur, solange er schnell geht

aus Washington MICHAEL STRECK

George W. Bush, der von sich sagt, gerne zu pokern, hat mit dem Angriffsbefehl ein gewagtes politisches Spiel begonnen. Die nun in Gang gesetzten Ereignisse werden entscheiden über die Zukunft des Nahen und Mittleren Ostens, des Antiterrorkampfes, der internationalen Ordnung und nicht zuletzt, aber das wiegt weniger, über sein eigenes politisches Schicksal.

Hierfür benötigt er einen schnellen unblutigen Sieg. Spätestens wenn die Kämpfe drei Wochen überschreiten würden, käme er unter enormen Druck, meinen selbst Kriegsbefürworter. Momentan kann er sich auf eine solide Mehrheit im Wahlvolk verlassen, glaubt man jüngsten Umfragen, die seinen Kurs zu 77 Prozent unterstützen. Niemand weiß jedoch, wie die Amerikaner auf Vergeltungsanschläge islamischer Terroristen auf heimischem Boden reagieren werden.

Noch erinnert dieser Golfkrieg viele Menschen in den USA zu sehr an 1991. Die ganze Tragweite der Operation „Iraqi Freedom“ wird ihnen erst nach der Kapitulation von Bagdad deutlich. Dann beginnt für die Bush-Regierung die eigentliche Reifeprüfung. Kann sie all jene Belege aufspüren, die sie zur Rechtfertigung ihres Präventivkrieges anführte? Finden US-Soldaten vorgebliche ABC-Waffenprogramme, stichhaltige Beweise von Verbindungen zu al-Qaida? „Die ist eine militärische und politische Notwendigkeit“, schreibt Geheimdienstexperte Thomas Powers in der New York Times.

In den US-Medien dominieren zu Kriegsbeginn bohrende Fragen. Gelingt ein Wechsel zu einer demokratischen Regierung? Können Machtkämpfe zwischen den verschiedenen Volksgruppen verhindert werden? Wie lange bleiben die Amerikaner Besatzungsarmee, und gelingt tatsächlich der demokratische „Domino-Effekt“? Oder versinkt die Region in Chaos und antiamerikanischem Hass? In Washington erinnert man sich derzeit oft an die Erfahrungen im Libanon 1983. Ronald Reagan zog die dort stationierten Marinesoldaten nach zwei verheerenden Attentaten auf US-Einrichtungen mit mehr als 300 Toten ab.

„Ein gewollter Krieg“

Einer der beharrlichsten Gegner von Bushs Präventivschlagsdoktrin, der demokratische Senator Robert Byrd, hielt sich denn auch nicht an die politische Regel in der US-Hauptstadt, sich angesichts eines Waffenganges patriotisch hinter den Präsidenten zu stellen. In einer leidenschaftlichen, fast verzweifelten Rede kritisierte der angesehene Politiker die Invasion in den Irak. „Dies ist kein notwendiger, sondern gewollter Krieg.“

Friedensgruppen riefen am „Tag X“ landesweit zu Demonstrationen, Straßenblockaden und zivilem Ungehorsam auf. Bereits Mittwochabend versammelten sich in San Francisco mehrere tausend Menschen zu einem Protestmarsch. Gewerkschaften riefen ihre Mitglieder zu Arbeitsniederlegungen auf, und muslimische Organisationen organisieren den Schutz von Moscheen.