Vier Quadratmeter Lebensraum

Loch buddeln, mit Wasser füllen und Pflanzen einsetzen – ganz so einfach ist das nicht mit dem eigenen Teich im Garten. Wackelt das ökologische Gleichgewicht, wird aus dem Idyll ganz schnell ein stinkiges Wasserloch

Damit der Teich nicht zum Pflegefall wird, will der Standort gut ausgesucht sein„Fische haben in einem ökologischen Gartenteich nichts zu suchen“

taz ■ „Vier Quadratmeter groß und mindestens 1,20 Meter tief.“ Die Anforderungen, die Umweltbildner Gottfried Teckelmeier vom Bremer Naturschutzbund (NABU) an einen Gartenteich stellt, dürften manchem Hobby-Gärtner seine Illusionen rauben. Denn ein paar Spatenstiche allein machen noch keinen Teich. Nur wenn das Wasser wirklich tief genug sei, argumentiert Teckelmeier, verwandle es sich im Winter nicht komplett in einen Eisklotz, Pflanzen und Wassertiere könnten überleben.

Damit der Teich nicht zum Pflegefall wird, will schon der Standorts sorgfältig ausgesucht sein. Ein sonniger bis halbschattiger Platz etwa ist ideal. Die Wasserpflanzen brauchen ausreichend Licht, um genügend Sauerstoff zu produzieren. Und den wiederum benötigen die Bakterien, um abgestorbene Pflanzenteile und Tierreste abzubauen. Unter Bäume gehört ein Teich daher nicht. Herunter fallendes Laub würde zudem zusätzliche Nährstoffe hinzufügen. Folge: Unkontrolliertes Algenwachstum, das anderen TeichbewohnerInnen den Sauerstoff raubt.

Als Faustregel gilt weiter: Je größer der Teich, desto stabiler ist sein ökologisches Gleichgewicht. Ein großer Gartenteich verteilt seine Nährstoffe besser, die größere Wasseroberfläche hilft, Temperaturschwankungen schneller auszugleichen.

1,20 Meter tief? Teckelmeiers Kollege Michael Abendroth vom Bremer Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat indes eine ganz andere Vorstellung vom perfekten Öko-Teich: „Ich suche mir eine Stelle, wo der Grundwasserspiegel 20 cm beträgt. Dann hebe ich einen 50 cm tiefen Graben aus und warte, bis er sich von selbst füllt.“ Nichts mit Seerosen aus dem Baumarkt und mit Zierfischen aus der Zoohandlung. Ein Teich muss sich von selbst besiedeln, sagt Abendroth.

Wer nicht darauf vertraut, dass die Grube von alleine das Wasser hält, steht vor der Entscheidung, entweder ein vorgefertigtes Kunststoffbecken oder Gartenteich-Folie einzubauen. Damit Frösche, Kröten und Lurche den Teich verlassen können, müssen Stufen am Ufer eingebaut werden.

Bis Wasserpflanzen sich von alleine ansiedeln, kann einige Zeit vergehen. Das Einsetzen von einheimischen Gewächsen stört das natürliche Biotop nicht. Fachleute raten, die Wasseroberfläche zu einem Drittel mit Pflanzen zu besiedeln. Seerosen dürfen den Teich jedoch nicht gänzlich vor Sonnenlicht abschirmen.

Spätestens an Goldfisch und Koi scheiden sich dann die Geister. Ohne die bunten Schwimmer können sich viele ihre Wasserwelt nicht vorstellen. Fische aber, sagt Abendroth, gehörten in keinen ökologischen Gartenteich: „Die sind schädlich für andere Tiere, weil sie ihnen alles wegmampfen.“ – und eine Vorliebe für Libellenlarven haben.

„In diesen Glaubenskrieg mische ich mich nicht ein“, sagt Teckelmeier. Wer nicht auf ein, zwei Zierfische verzichten mag, dem rät er, sie zumindest nicht zu füttern. Nahrung nämlich gibt es reichlich, zusätzliches Futter schade nur dem ökologichen Gleichgewicht. Übrigens können Fische auch ohne menschliche Hilfe in den eigenen Garten kommen. Zwischen Vogelfedern und Pflanzenblättern versteckt, gelangt der Fischlaich in den Teich.

Absolut tödlich für jeden Teich sind Düngemittel. Denn die Uferpflanzen, die zunächst kräftig sprießen, sterben irgendwann ab und sinken auf den Grund. Dort können sie nicht schnell genug abgebaut werden. Fäulnisbakterien produzieren Schwefelwasserstoff und Methangas, übrig bleibt nur eine stinkende Kloake – wirkt weder auf Mensch noch Tier einladend.

Dabei hoffen doch viele Gartenteichbesitzer gerade auf tierischen Besuch. Frösche aber auf Spaziergängen einzusammeln, ist verboten. Und zudem überflüssig. Ist der Teich richtig angelegt, schauen die kleinen Quaker und ihre Kollegen über kurz oder lang ganz von alleine vorbei.

Ya Ming Li