zahl der woche
: Mehr Pleiten in Deutschland

Bürger gehen in Konkurs

Rasant gestiegen ist im vergangenen Jahr die Zahl der Pleiten in Deutschland: 84.428 Insolvenzen nannte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden gestern. Ein Jahr zuvor wurden dagegen nur 49.236 Konkursfälle gemeldet. Ist das nun eine eindeutige schlechte Note für die Wirtschaftspolitik der rot-grünen Bundesregierung? Ein weiterer Indikator für die lahmende Konjunktur? Oder woran liegt es sonst?

Glaubt man den Bundes-Statistikern, ist die drastische Erhöhung der Pleitezahlen vor allem eine Folge des neuen Insolvenzrechts, so dass die Zahlen nicht direkt vergleichbar sind. Seit das neue Gesetz zum Jahresende 2001 in Kraft getreten ist, können nicht nur Personen- und Kapitalgesellschaften, sondern auch natürliche Personen beim Amtsgericht Insolvenzverfahren beantragen.

Wenn sie keinen Pfennig mehr in der Tasche haben, können sie ihre Verfahrenskosten stunden lassen und brauchen ihre Kredite nur noch teilweise zu bedienen. Das war 2002 bei 46.849 Schuldnern der Fall, die in die Rubrik „natürliche Personen“ fallen. Dazu zählen neben Verbrauchern auch Kleinunternehmer, Freiberufler, Exselbstständige und Gesellschafter. Nur wer Insolvenz beantragt hat, kann laut Gesetz nach einer sechsjährigen so genannten „Wohlverhaltensphase“ von seinem restlichen Schuldenberg befreit werden.

Ist also doch alles gar nicht so schlimm und nur eine Frage der Zahlenspielerei? Ganz so simpel ist die Interpretation der Statistik auch wieder nicht. Ein Blick auf die Firmenpleiten in Deutschland, die mit den Vorjahreszahlen verglichen werden könne, zeigt: Mit rund 37.600 Konkursen ist einen neue Rekordmarke übersprungen worden; insgesamt gibt es etwa 5.300 Insolvenzfälle mehr als im Vorjahr. Das sind rund 13 Prozent.

Sieben der zehn größten europäischen Firmenzusammenbrüche des vergangenen Jahres waren laut Statistik in Deutschland zu verzeichnen. Die offenen Forderungen der Insolvenzgläubiger erreichte mit insgesamt 61,5 Milliarden Euro ebenfalls einen wenig rühmlichen Rekordwert.

Zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Anträge zur Unternehmensinsolvenz waren rund 274.000 Arbeitnehmer bei den Pleitefirmen beschäftigt. Die Zahl der tatsächlich betroffenen Arbeitnehmer dürfte aber weitaus höher liegen, weil bei etwa einem Fünftel aller Fälle von den Gerichten keine Angaben zu den Beschäftigten des Betriebs gemacht werden konnten.

Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform hatte im Februar geschätzt, dass durch Insolvenzen bis zu 590.000 Jobs verloren gehen. MIRIAM EWALD