kuchen schadet shatners fagott von RALF SOTSCHECK
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Britanniens Kiffer können tief durchatmen: Seit Donnerstag ist Cannabis nicht mehr ganz so illegal wie zuvor. Innenminister David Blunkett hat das Gewächs von einer B-Droge zur C-Droge heruntergestuft. Illegal sei es nach wie vor, betonte Blunkett. Die Strafen sind aber nicht mehr so hoch.

Das Gesetz kommt mit mehr als 30 Jahren Verspätung. Der damalige Labour-Premier Jim Callaghan wollte ein ähnliches Gesetz bereits 1970 verabschieden, doch die Presse bekam Wind von der Sache und machte Stimmung gegen Callaghan. Der setzte daraufhin die Höchststrafe für den Besitz von Cannabis geschwind auf fünf Jahre Gefängnis und eine Geldbuße in unbegrenzter Höhe fest, denn es standen Wahlen vor der Tür. Auch Old Labour hängte das Mäntelchen gern in den Wind. Das neue Gesetz gilt theoretisch im gesamten Vereinigten Königreich, aber wie die Polizei es anwendet, bleibt den einzelnen Grafschaften überlassen. Wer in Gloucestershire oder Hertfordshire mit Dope erwischt wird, muss ins Gefängnis, während er in Cleveland und Northamptonshire mit einer Verwarnung davonkommt.

Die Isle of Man und die Kanalinseln fallen nur teilweise unter die Jurisdiktion des Londoner Innenministeriums. So hat die Polizei auf Man am Donnerstag das automatische Recht auf Verhaftungen verloren, aber in spätestens drei Monaten bekommt sie es per Inselbeschluss zurück. Ein Mitglied der Drogenfahndung sagte: „Unsere Polizei verhaftet normalerweise hundert Prozent der Leute, bei denen Cannabis gefunden wird, und 99 Prozent müssen eine Drogentherapie machen.“ Normalerweise dürfen Sünder auf der Insel ja auch öffentlich ausgepeitscht werden. Die Polizei auf Jersey erklärte, dass sie an Londoner Gesetzen nicht interessiert sei. Cannabis bleibt illegal.

Das bleibt es auch in England, und um diese Botschaft zu verkünden, hat Blunkett eine Million Pfund für eine Werbekampagne locker gemacht. Seit einer Woche tönt eine Frauenstimme auf 48 Radiosendern: „Marihuana, Asche, Hasch, Killer, Panama-Gold, Petersilie, Stroh, Weizen, Texas-Tee, blauer Salbei, Brokkoli, Buddha, Don Juan … Nenne es, wie du willst, aber nenne es nicht legal.“ Abgesehen davon, dass einen der Dealer an den Gemüsehändler verwiese, fragte man ihn nach Brokkoli und Petersilie, so sind die Begriffe in dem Werbespot ineinandergeblendet. Dadurch klingt die Antidrogenwerbung genau wie die Stire-Sendung „Brass Eye“ von Chris Morris, in der er diejenigen Politiker auf die Schippe nimmt, die am lautesten nach drakonischen Strafen für Drogenbesitz rufen, aber von dem Thema keinen Schimmer haben.

Am schlimmsten traf es David Amess. Der Tory-Abgeordnete war so ahnungslos, dass er sich von Morris dazu überreden ließ, einen Film über eine fiktive osteuropäische Droge namens „Cake“ zu drehen. Amess brachte diese Droge sogar im Unterhaus zur Sprache und erklärte den verblüfften Parlamentariern, dass der Genuss von „Cake“ den Teil des Hirns schädige, den die Medizin als „Shatners Fagott“ bezeichne. Umgangssprachlich nennt man das wohl „gesunden Menschenverstand“. Blunkett hätte seine Million lieber für die Weiterbildung der Abgeordneten ausgeben sollen.