Springen und Grinsen

Am Samstag in der Color Line Arena waren die „Red Hot Chili Peppers“ die glücklichste Band der Welt

„Fuck George Bush!“, schreit Cedric von der Vorband The Mars Volta ins Mikro, als er die Bühne betritt, und reckt die Faust: „Fuck dictator Bush!“ Die Red Hot Chili Peppers, inzwischen Anfang 40 und zum Teil Familienväter, formulieren da schon zurückhaltender: „With all these terrible things happening in the world, sometimes you just can rock...“, resigniert Bassist Flea. Mit „By the Way“ eröffnen sie in der ausverkauften Color Line Arena ihr Konzert, das gut zweieinhalb Stunden dauern wird.

Großartig scheint es der Band zu gehen: Sänger Anthony Kiedis, 40, posiert mit freiem Oberkörper, die Bauchmuskeln zucken beim Singen. Ebenfalls oben ohne sein meist gebückter Bassist Flea, 40. Gitarrist John Frusciante, 33, singt inzwischen sehr gerne, aber nicht wirklich gut. Chad Smith, 40, trommelt souverän unter seiner Pudelmütze. Frei von Drogen – angeblich sind alle bis auf Gerne-Trinker Chad mit Tee und Naturausflügen glücklich – scheinen sie zum ersten Mal eine Tournee mit Songs ihrer beiden neuen Alben ganz bewusst zu genießen.

„Suck My Kiss“ spielen sie dann als ersten Klassiker. Auf vier längliche Videoleinwände teilt sich Kiedis trainierter Körper: links und rechts je ein Bizeps, der tätowierte Torso halbiert auf je einer der mittleren Wände. Die Bühne ist ein tief stapelndes Hightech-Wunder, unspektakulär schlicht auf den ersten Blick. Doch wandelt sie sich ständig, die Gerüst-Verstrebungen weichen Lichtmasten, vier schmale Videowände tauchen auf, Licht-Batterien fahren auf und ab. Die Band tobt durch die Kulisse. Waren die Red Hot Chili Peppers je glücklicher? Kein Versteckspiel wie beim letztjährigen Hurricane-Festival, wo sie am hinteren Bühnenrand kauerten. Heute sind sie präsent und strahlend ausgeleuchtet von großen Verfolgern. „Can‘t Stop“: Ihr Sänger springt über die Bühne, dreht sich, fällt hin, wälzt sich. Und grinst dabei über beide Ohren, Flea macht Handstände und rutscht in den Spagat.

Die Zugabe: Kiedis zieht sich zurück, hockt jetzt auf den Gitarrenverstärkern, wippt vergnügt, und lässt seine Gitarristen spielen. „You can leave if you want, I‘ll play the whole night“, bietet Frusciante an, setzt sich zu Flea an den Bühnenrand und improvisiert. Fast 40 Minuten wird diese Einladung in den Proberaum dauern, einige im Publikum verschwinden mit ratlosen Gesichtern zur Garderobe. Der Rest lauscht andächtig, erholt sich vom Toben und merkt: So gut waren die Peppers noch nie. Auf den Videoleinwänden lodern Flammen. Mehr geht nicht.

Volker Peschel