Bei allen Wettern

Das Focke-Museum ist fortan das ideale Ziel für Schulausflüge: Im Labor wird Geschichte zum Erlebnis

Wandertag. Dichte Wolken ziehen auf. Es beginnt schon zu regnen. „Also gehen wir ins Museum“, dekretiert die Klassenlehrerin. Der Jubel hält sich in Grenzen. „ Und zwar ins Landesmuseum.“ Schitte.

So war’s einmal. In Bremen jedoch mutiert das Focke-Museum von der Schlechtwetter-Alternative zur ersten Wahl unter den Standard-Schulausflugszielen: Mit dem jüngst frei gegebenen Magazin, vor allem aber dem gestern eröffneten Labor macht es das Geschichte-Lernen zu einem Erlebnis und einer potenziellen Lieblingsbeschäftigung. In Rollcontainern verborgen, systematisch auf Schubladen verteilt, findet sich dort Material zur Lebensweise der Vergangenheit. Holz, so heißt einer der fünf klug ausgewählten Themen-Komplexe, Knochen ein anderer. Oder Keramik: Originalscherben, einige vor über 400, andere vor 150 Jahren getöpfert, lassen sich betasten. So also fühlt sich Geschichte an.

Ein Blick in die Dokumentation hilft, Erkanntes einzuordnen: Die Unterschiede von Verarbeitung, Farbe, Lack entsprechen der Periodisierung, die Formen lassen die Funktion erahnen. Das Fragment stammt wohl von einer Schale: Den Verdacht bestätigt die Druckgrafik in der Arbeitsmappe. Und diese Scherbe hier? Ach so, das war der Henkel von einem Becher.

Also: für den nächsten Wandertag gar nicht erst auf Sonnenschein hoffen. Das ist zu unsicher in Bremen. Sondern gleich ab ins Museum, keine Widerrede. Denn, dass es sich mit allen Sinnen am besten lernt, wissen die Pädagogen spätestens seit John Locke seligen Angedenkens. Auch keine neue Erkenntnis: Kinder wollen im Prinzip ihr Wissen mehren und brauchen dafür eine vorbereitete strukturierte Umgebung. In Museen hat man aber erst ab Mitte der 70er-Jahre begonnen, in diese Richtung zu denken.

Abgeschlossen ist diese Entwicklung keineswegs: Zur Zeit sprießen interaktive Show-Rooms bundesweit in den früher gefürchteten Kultur-Institutionen. Mit seinem Labor setzt sich das Focke an die Spitze des Trends. Dichter ans historische Original werden Erwachsene und Jugendliche nämlich nirgends kommen.Was, nebenbei gesagt, den Respekt nicht mindert, sondern eher steigert – vorausgesetzt, die Jungforscher gehorchen der klar markierten didaktischen Abfolge. Nachdem sie nämlich aus Tonscherben mühselig wie die Archäologen eine Schale gepuzzelt haben, werden sie den großen alten Krug nicht aus der untersten Lade herausreißen. Sondern andächtig betrachten. Bestimmt.

Benno Schirrmeister

Fockes Labor: Für Familien sonntags 15 bis 17 Uhr, Extratermine für Lehrer am 25. März sowie am 29. April, jeweils 18.30 bis 20.30 Uhr. Schulklassen und Kindergeburtstage nach Absprache. Weitere Infos unter ☎ (04 21) 3 61 32 84. Anmeldung erforderlich