Doppelt kritisiert hält besser

Die CSU hat Stoibers „Sanierungsplan“ mit radikalen Sozialkürzungen leicht abgemildert. Doch damit kritisiert die Union die Regierung immer noch gleichzeitig von rechts und links. Dazu kündigen auch die ostdeutschen Bundesländer Widerstand an

von HEIDE OESTREICH

Eine interessante Zangenbewegung vollführt zurzeit die Opposition in der Frage, wie viel Sozialabbau für die „Sanierung“ Deutschlands vonnöten ist. Während die CDU am Wochenende lauthals kritisierte, dass die Regierung die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes verkürzen möchte, meldete CSU-Chef Edmund Stoiber am Samstag aus der CSU-Klausur in Wildbad Kreuth, dass seine Partei gedenke, diese Bezugsdauer noch etwas radikaler zu verkürzen.

Stoiber hatte einen solchen „Sanierungsplan“ schon im Bundestag vorgestellt. Dieser war allerdings weitaus schärfer als die Beschlüsse der Unionsfraktion und weder mit dem Sozialexperten Horst Seehofer noch mit der CDU abgestimmt. Nach energischem Protest von Seehofer, der auch Stoibers Vize ist, entwickelte die CSU nun eine abgemilderte Version des ursprünglichen „Sanierungsplans“. Heute stellt Stoiber ihn vor, drei Kernpunkte erläuterte er schon am Samstag.

Der heikelste: Die Sozialhilfe für Erwerbsfähige soll um 25 Prozent gekürzt werden. Im Gegenzug dürften sie mehr dazuverdienen als bisher. Ausgenommen werden nach Seehofers Intervention Menschen, die Schwierigkeiten mit der Erwerbsarbeit haben wie etwa Alleinerziehende.

Die Regierung dagegen wollte das Arbeitslosengeld II, wie sie die Sozialhilfe für Erwerbsfähige taufte, ungefähr beim bisherigen Sozialhilfesatz belassen und dennoch die Zuverdienstgrenzen erhöhen. Die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes soll laut CSU generell auf ein Jahr verkürzt werden. Nur Personen, die lange in die Versicherung einzahlten, würden anderthalb Jahre beglückt .Das ist etwas weniger freundlich als Schröders Linie: Der Kanzler will allen über 55-Jährigen anderthalb Jahre Arbeitslosengeld zahlen – unabhängig davon, wie lange sie eingezahlt haben.

Ferner möchte Stoiber dabei bleiben, den Kündigungsschutz erst für Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern eintreten zu lassen. Abhandeln konnte Seehofer ihm lediglich einen Bestandsschutz: Diese Regelung soll nur für neu eingestellte Mitarbeiter gelten. Die SPD will den Kündigungsschutz wie bisher bei fünf Mitarbeitern anfangen lassen, doch gilt dieser nicht, wenn die weiteren Mitarbeiter nur befristet eingestellt werden.

Der Generalsekretär der CDU, Laurenz Meyer, erklärte am Wochenende dagegen kategorisch, dass seine Partei eine Verkürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes für Ältere von derzeit 32 auf 18 Monate nicht hinnehmen werde. Auch von Stoibers Aufweichung des Kündigungsschutzes hält Meyer nichts.

Wird die SPD derart schon von zwei Oppositionen attackiert, so meldet sich zudem noch eine dritte zu Wort: Die ostdeutschen Bundesländer wollen im Bundesrat Front gegen Schröders Kürzungspläne machen. Die Senkung der Ausgaben für die Arbeitslosen würde ihnen eine Minderung der Kaufkraft bescheren: Brandenburg befüchtet, laut Spiegel, einen Verlust von 250 Millionen Euro, Sachsen sogar 650 Millionen Euro.

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