Arabische Bevölkerung im Protest vereint

In vielen arabischen Länder finden trotz Demoverbots Massenkundgebungen statt. Arabische Liga trifft sich in Kairo

BERLIN taz ■ In den arabischen Ländern demonstrierten in den letzten Tage zehntausende Menschen gegen den Irakkrieg. Ihr Protest richtete sich häufig auch gegen die eigenen Regierungen.

Zu den größten Kundgebungen gehörten die Demonstrationen in Sanaa. In der jemenitischen Hauptstadt versuchten mehr als 10.000 Demonstranten, die US-Vertretung zu stürmen. Die Polizei wehrte sie mit Tränengas, Wasserwerfern und Warnschüssen ab. Bei den Zusammenstößen wurden drei Menschen getötet, darunter zwei Demonstranten und ein Polizist.

Zu Kundgebungen kam es außerdem in Ägypten, in Jordanien, im Libanon, in Bahrain, Mauritius und Tunesien. In vielen arabischen Ländern waren die Demonstrationen ausdrücklich verboten. Dass sich die Menschen davon nicht abhalten ließen, erklärt sich der ägyptische Menschenrechtsaktivist Hafez Abu Saada, mit den besseren Informationsmöglichkeiten für die Bevölkerung. Gegenüber dem Sender BBC betonte Saada vor allem den Wert solcher Fernsehsender wie al-Dschasira: „Früher hatten wir nur nationale Fernsehsender, in denen sich 15 Minuten der Nachrichten mit Treffen des Präsidenten befassten.“

Aufgewühlt wurden die Zuschauer von Al-Dschasira am Wochenende durch Bilder von verstümmelten Zivilisten aus dem Irak. Das Bild eines toten Kindes, dem ein Teil des Kopfes fehlte, wurde von der ägyptischen Zeitung al-Achbar übernommen. Bildunterschrift: „Amerikanische Menschlichkeit“.

Die Regierungen in den arabischen Ländern geraten infolge dieser Bilder und der Massendemonstrationen zunehmend unter Druck. Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Mussa, sagte am Samstagabend bei der Eröffnung einer Sitzung der Organisation in Kairo, der Sturm auf Bagdad dürfe „von keinem arabischen Land, das noch eine Spur von Gewissen hat, hingenommen werden“. Auch der Außenminister von Saudi-Arabien, Saud al-Faisal, forderte die Bush-Regierung auf, eine „Verschnaufpause“ einzulegen. Faisal sagte am Samstag vor Journalisten, man solle der Diplomatie eine letzte Chance geben.

JAKOB SCHLINK