Autobahndeckel
: Ohne Tunnelblick entscheiden

Es grenzt an Euphorie, wenn die Befürworter des Autobahndeckels von dessen Vorteilen schwärmen. Städtebauliche Wunden werden geheilt, Stadtteile wieder zusammengefügt, Wohnungssuchende erhalten in einem attraktiven Umfeld ein Dach überm Kopf und neue Grünzüge entstehen dort, wo bisher nur Lärm und Stau war.

Kommentar von MARCO CARINI

Doch wenn Anja Hajduk die von ihr geplante Informationsoffensive startet, um den Widerstand der Kleingärtner zu brechen, muss sie nicht nur rosige Zukunftsbilder malen, sie muss auch Antworten auf drängende Fragen geben. Staut sich bald der Verkehr aufgrund der neuen Wohngebiete? Auf wen rieseln die Tunnelabgase nieder? Wie sollen Reparaturen an einem Deckel ausgeführt werden, der teilweise bebaut ist? Trägt der Deckel genug Muttererde, dass auch Apfelbäume darauf wachsen können, oder müssen sich die Kleingärtner mit schnöden Hagebuttenhecken begnügen?

Diese Fragen, hinter denen berechtigte Einwände stehen, müssen jetzt beantwortet werden – die Lösung der dahinter liegenden Probleme darf nicht auf die Planungsphase vertagt werden. Der Millionendeckel wird die angrenzenden Stadtteile stark verändern. Gerade deshalb muss eine Entscheidung durch kühle Abwägung aller Vor- und Nachteile fallen. Ein zielfixierter Tunnelblick ist da fehl am Platz.